Prof. Schulz: Alzheimer hat viele Facetten – ein Überblick

Portrait des Alzheimer-Forschers Prof. Dr. Jörg B. Schulz
Prof. Dr. Jörg B. Schulz, Uniklinikum Aachen
  |   Alzheimer

„Die Alzheimer-Krankheit nimmt zu, weil die Menschen immer älter werden. Denn das größte Erkrankungsrisiko ist das Alter“, stellte Prof. Dr. Jörg B. Schulz aus dem Wissenschaftlichen Beirat der AFI zu Beginn seines Vortrags fest. Der Direktor der Neurologischen Klinik des Uniklinikums Aachen verblüffte die Besucher mit der Information, dass die Lebenserwartung von Generation zu Generation um acht Jahre ansteigt. „Heute geborene Mädchen haben bereits eine durchschnittliche Lebenserwartung von 100 Jahren“, sagte Prof. Schulz.

Nach dieser Einführung erklärte der Aachener Forscher, dass mit Demenzerkrankungen zunächst einmal ein klinisches Syndrom gemeint ist – also das gleichzeitige Vorliegen verschiedener Symptome, die von einem Arzt beobachtet werden können. Die sogenannten höheren kortikalen Funktionen sind gestört: das Gedächtnis, das Denken oder die Orientierung.


Prof. Schulz führte aus, dass der Alzheimer-Diagnose eine Phase milder kognitiver Beeinträchtigung vorangeht. Der Betroffene kann seinen Alltag normal bewältigen, allerdings sind bereits leichte kognitive Defizite erkennbar. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass nach drei bis fünf Jahren rund 50 Prozent der Betroffenen eine Demenz entwickelt haben.

Wie wird Alzheimer diagnostoziert?

„Die Krankheit ist erst nach dem Tod zweifelsfrei feststellbar. In den Gehirnen von Patienten finden sich zwei Arten von Eiweißablagerungen – Amyloid-Plaques, die sich zwischen den Nervenzellen ansammeln, und Tau-Fibrillen direkt in den Nervenzellen“, erklärte Prof. Schulz. Trotzdem ist auch zu Lebzeiten eine sehr genaue Diagnose möglich, die mit Hilfe von psychometrischen Tests, bildgebenden Verfahren und einer Nervenwasseranalyse gestellt wird.

Prof. Schulz berichtete, dass er in seiner Klinik sehr gute Erfahrungen mit dem MoCA-Test (Montreal Cognitive Assessment-Test) gemacht hat. Der MoCA-Test besteht wie auch andere psychometrische Tests aus Fragen und kleinen Aufgaben. Er wird in der ärztlichen Praxis durch geschultes Personal durchgeführt. Beim MoCA-Test kann der Proband 30 Punkte erreichen, weniger als 26 Punkte deuten auf ein mögliches kognitives Defizit hin. „Der MoCA-Test soll angewendet werden, wenn eine Beeinträchtigung angenommen wird“, sagte Prof. Schulz. Auf Nachfrage hin machte er deutlich, dass dieser Test aber in jedem Fall in ärztliche Hände gehöre. „Wenn Sie sich den Test vorher aus dem Internet herunterladen und auswendig lernen, verliert er seine Aussagekraft“, so Prof. Schulz.

Forschungsergebnisse aus den vergangenen Jahren lassen den Schluss zu, dass bereits 20 Jahre vor dem Ausbruch der Alzheimer-Krankheit Veränderungen im Nervenwasser des Patienten festzustellen sind. Dennoch ist eine Vorhersagbarkeit des Krankheitsverlaufs nur bedingt möglich. Laut Prof. Schulz ist auch ein wesentlich einfacher durchzuführender Bluttest vermutlich noch einige Jahre entfernt.

Welche Präventionsmöglichkeiten gibt es?

Da es bislang noch keinen dauerhaft wirksamen Therapieansatz gibt, stellte Prof. Schulz die enorme Bedeutung der Prävention heraus: „Seien Sie körperlich aktiv, geistig rege und pflegen Sie Ihre sozialen Kontakte!“ Ein hundertprozentiger Schutz vor der Krankheit sei aber auch dadurch nicht möglich. 

„Nicht jeder wird dement im Alter“, sagte Prof. Schulz bei der Vorstellung der sogenannten „Nonnenstudie“. Im Rahmen dieser Studie werden Nonnen aus amerikanischen Klöstern auf ihre kognitiven Fähigkeiten hin untersucht. Nach dem Tod der Nonnen wird ihr Gehirn obduziert. Die Studie hat für die Forschung eine wichtige Bedeutung. Da die Nonnen die gleichen Lebensgewohnheiten haben und sich gleich ernähren, entsteht eine große Vergleichbarkeit, da äußere Einflussmöglichkeiten minimiert werden können. Die Studie zeigt, dass es einige Nonnen gab, deren Gehirne starke Eiweißablagerungen aufwiesen, obwohl die Nonnen in Gedächtnistests zu Lebzeiten aber völlig unauffällig waren. Die Forscher gehen davon aus, dass andere Gehirnbereiche die Aufgaben der durch die Ablagerungen beeinflussten Bereiche übernommen hatten. Hier spricht die Forschung  von der „kognitiven Reserve“, die aber noch weiter erforscht werden muss.

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