Alle Jahre wieder

07.12.2015
Welche Oma kommt denn dieses Jahr zu uns? Eine, beide, oder keine? Das war über Jahrzehnte die Standard-Frage von uns Kindern kurz vor Weihnachten an meine Eltern. Denn unsere Omas wechselten sich immer ab. Ich erinnere mich an sehr intensive Weihnachtstage mit der Familie. Ich habe meine beiden Omas geliebt. Sehr sogar. So unterschiedlich sie auch waren. Nun gibt es sie schon seit längerem nicht mehr. Oma und Opa, das sind nun meine Eltern und ich bin die Mutter, nicht mehr das Kind. Aber in meiner Erinnerung ist alles immer noch ganz präsent. 

Zum Beispiel, dass meine Omas an Weihnachten auch manchmal kräftig genervt haben. Immer wieder erzählten sie die gleichen Geschichten, wir konnten manche Anekdote schon mitsprechen. Aus heutiger Sicht meine ich, dass es wohl die Taktik meiner Oma Hannah war - sie hatte Alzheimer - recht viel zu sprechen, damit ihre Gedächtnislücken nicht auffallen. Meine Mutter schloss sich manchmal im Bad ein, um kurz durchzuatmen und ein paar Minuten Ruhe zu haben. Ich selbst habe dann und wann demonstrativ gezeigt, dass ich genervt bin. Das tut mir heute leid. Ich würde es jetzt anders machen, etwas mehr Nachsicht wäre besser gewesen.

„Ihre letzte Bastion war die Musik“

2001 erlebte ich dann das letzte Weihnachten mit Oma Hannah. Ich war fast 27. Meine Oma war Gitarren- und Klavierlehrerin. Musik und Hausmusik war ihr sehr wichtig. Wie schon so oft musste ich zu Weihnachten mit ihr Lieder einstudieren, bei denen sie mich mit einem Instrument begleitete. Sie setze sich ans Klavier und wollte uns ein wenig einstimmen. „Oh Tannenbaum“, schmetterte es laut und leider sehr, sehr falsch durch unser ganzes Haus. Selbst mein Vater, der so musikalisch ist wie eine Trillerpfeife, schreckte zusammen. Meine Oma hatte ihre letzte große Bastion, die Musik, verloren.  

„Sich Hilfe holen ist völlig in Ordnung“

Und auch sonst war es ein bisschen anders an diesem Weihnachten. Jeden Abend kam eine Pflegerin von einem privaten Pflegedienst, um meine Oma bettfertig zu machen. Meine Mutter hat immer alles getan für meine Oma. Aber diese Art der Hilfe, also die körperliche Pflege der eigenen Mutter, das konnte sie nicht. Ich erinnere mich daran, wie bedrückend dieses Gefühl für uns alle war. Und für meine Mutter war es besonders schwer. Ich denke, dass es vielen Angehörigen so geht. Man darf nicht vergessen, dass es etwas anderes ist, ob man eine Angelegenheit mit Abstand betrachtet oder gerade in der Situation steckt. Wer mit seinen Kräften am Ende ist - körperlich oder seelisch - der sollte sich Hilfe holen, um sich selbst und alle anderen Beteiligten zu schützen.

In diesem Sinne wünsche ich Euch allen von Herzen einen schönen Advent und ein tolles Weihnachtsfest - bleibt stark. Und wenn Ihr weitere Tipps und Infos braucht, dann schaut mal hier.

bleibt stark!

eure


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Zehn Jahre hat Christa Schneider ihre an Alzheimer erkrankte Mutter Trudi begleitet. In einem bewegenden Interview erzählt sie von ihren Erfahrungen mit der Krankheit. Ihr Fazit: vorbeugen so gut es geht und spenden für die Alzheimer-Forschung.

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