Parodontitits (Parodontose) und Alzheimer
Bisher ist die Alzheimer-Krankheit nicht heilbar. Nicht alle Krankheitsmechanismen sind bislang restlos verstanden.
So ist zum Beispiel unklar, warum sich im Gehirn von an Alzheimer erkrankten Menschen mehr Spuren von Parodontitis-Bakterien finden als bei kognitiv gesunden Menschen.
Bedingt Parodontitis also Alzheimer? Wir haben die wichtigsten Fakten zusammengestellt.
Parodontitis: Fragen und Antworten
Was sind Parodontose und Parodontitis?
Parodontose ist eine bakteriell bedingte Entzündung, die zur Zerstörung des so genannten Zahnhalteapparates (Parodontium) führt.
- Medizinisch genauer und zunehmend gebräuchlich ist der Begriff Parodontitis, dessen Endung "-itis" auf die entzündliche Reaktion hinweist.
- Von einer Parodontitis betroffen sind alle Bestandteile, die dem Zahn Halt geben, also Zahnfleisch, Zahnfach, Zahnzement und Wurzelhaut.
- Risikofaktor für die Entstehung einer Parodontitis ist unter anderem Plaque. Vorbeugend wirkt neben dem eigentlichen Zähneputzen die Reinigung der Zahnzwischenräume mit Zahnseide oder Interdentalbürstchen. Zusätzlich wird eine regelmäßige professionelle Zahnreinigung empfohlen.
Chronische Entzündungen als Alzheimer-Risiko
Aktuelle Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass viele Krankheiten, darunter auch Alzheimer, durch chronische Entzündungen mitverursacht werden könnten. Zwar ist noch nicht geklärt, ob Entzündungen tatsächlich als Auslöser oder eher als Konsequenz der Alzheimer-Krankheit betrachtet werden müssen, dennoch ist es wichtig, bestehende Entzündungen wie Parodontitis zu bekämpfen beziehungsweise sie gar nicht erst entstehen zu lassen.
Denn anhaltende Entzündungen können sich unbemerkt im gesamten Körper ausbreiten und so die Entstehung gefährlicher Krankheiten begünstigen. Bei der Alzheimer-Krankheit beispielsweise begünstigen Entzündungen die Ablagerungen des Proteins Amyloid-beta, die im weiteren Verlauf die Nervenzellen im Gehirn schädigen und schließlich absterben lassen.
Warum wird ein Zusammenhang zwischen Parodontitis und Alzheimer diskutiert?
Menschen, die an Alzheimer erkrankt sind, haben häufig Probleme mit ihrer Zahngesundheit. Studien zeigen, dass Erkrankte besonders häufig von Parodontitis betroffen sind. Dies könnte damit zusammenhängen, dass Menschen mit Alzheimer häufig die Zahnpflege vernachlässigen. In diesem Fall wäre die Alzheimer-Krankheit die Ursache und die Parodontitis die Folge.
Es könnte aber auch umgekehrt sein: In den Gehirnen verstorbener Alzheimer-Patientinnen und -Patienten wurden bei Untersuchungen vermehrt Spuren von Parodontose-Bakterien entdeckt. Dabei handelt es sich vor allem um Gingipain-Enzyme, die von Parodontitis-Bakterien gebildet werden. Bei Personen, die nicht an Alzheimer erkrankt sind, fanden sich dagegen nur geringe Spuren des Bakteriums.
Wie hängen die Gingipain-Enzyme mit der Alzheimer-Krankheit zusammen?
Diese Frage ist zurzeit Gegenstand der Forschung. Offenbar scheint es eine Verbindung zwischen den Gingipain-Enzymen und den für die Alzheimer-Krankheit typischen Protein-Ablagerungen aus Beta-Amyloid und Tau zu geben. So scheinen die Konzentrationen von Gingipain und Tau zu korrelieren.
Dies ist eine Vermutung, die durch Mausmodelle gestützt wird. Wurde in Versuchen Alzheimer-Mäuse mit einem Gingipain-Blocker (Wirkstoff Atuzaginstat) und weiteren Antibiotika behandelt, wurden weniger Proteinablagerungen im Gehirn gefunden. Das Biotechunternehmen Cortexyme (heute Quince Therapeutics) testete in einer Studie mit dem Wirkstoff Atuzaginstat, ob sich die Ergebnisse auf den Menschen übertragen lassen.
Woran scheiterte der Wirkstoff Atuzaginstat?
- Zu Beginn der klinischen Studien (Phase 1) wurde der Wirkstoff Atuzaginstat (auch COR388 genannt) von gesunden Testpersonen sowie Menschen mit Alzheimer zunächst gut vertragen.
- In einer Phase-2/3-Studie an Menschen mit leichter bis moderater Alzheimer-Erkrankung verlangsamte die höhere Dosis (80 mg 2x täglich) den kognitiven Abbau um 57% in einer vordefinierten Untergruppe mit Parodontitis-Bakterium-Infektion.
- Allerdings kam es bei 15 Prozent der Testpersonen unter der hohen Dosis zu einem Anstieg der Leberwerte, was zum Abbruch der Studie durch die US-amerikanische Zulassungsbehörde FDA führte.
Die Entwicklung von Atuzaginstat als Alzheimer-Medikament wurde 2022 eingestellt, da die Schädigung der Leber ein Sicherheitsrisiko darstellte. Der Hersteller Cortexyme hat das Programm daraufhin beendet.
*Alle Fakten wurden gründlich recherchiert, dennoch kann keine Gewähr übernommen werden. Die Alzheimer Forschung Initiative e.V. (AFI) war nicht an der Entwicklung von Atuzaginstat beteiligt.
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