Leqembi (Lecanemab): Neues Alzheimer-Medikament
Leqembi (Wirkstoff: Lecanemab) ist das erste EU-weit zugelassene Antikörper-Medikament gegen die Alzheimer-Krankheit.
Es richtet sich an Menschen mit leichten kognitiven Beeinträchtigungen (MCI) oder beginnender Alzheimer-Demenz.
Seit dem 1. September ist Leqembi in Deutschland erhältlich. Die Zulassung durch die Europäische Kommission erfolgte im April 2025.
Leqembi reduziert schädliche Amyloid-beta-Plaques (Proteinablagerungen im Gehirn). Bisherige Alzheimer-Medikamente wirken nur symptomatisch.
Eine Heilung bringt Leqembi nicht, es kann jedoch das Fortschreiten der Erkrankung um einige Monate verlangsamen.

Ross Helen/Shutterstock
Lecanemab/Leqembi: Fragen und Antworten
Was ist Lecanemab/Leqembi?
Lecanemab ist ein Antikörper-Wirkstoff zur Behandlung der Alzheimer-Krankheit.
In den USA wurde dem Wirkstoff am 6. Januar 2023 unter dem Handelsnamen Leqembi eine vorläufige Marktzulassung erteilt. Die vollständige Zulassung durch die US-Arzneimittelbehörde (FDA) folgte am 6. Juli 2023.
Am 15. April 2025 wurde das Medikament auch in der Europäischen Union zugelassen.
Wer entwickelt den Wirkstoff?
Lecanemab wurde von den Pharmaunternehmen Eisai (Japan) und Biogen (USA) gemeinsam entwickelt.
Wie wirkt Leqembi (Lecanemab)?
Lecanemab ist ein Antikörper-Wirkstoff, der gezielt eine Vorstufe der für Alzheimer typischen Amyloid-beta-Protein-Plaques im Gehirn bindet. Dadurch wird das körpereigene Immunsystem aktiviert, das die Ablagerungen abbaut oder deren Neubildung hemmt. Die Plaques aus dem Protein Amyloid-beta im Gehirn werden mit der Schädigung und dem Absterben von Nervenzellen in Verbindung gebracht.
Erfahren Sie mehr über Antikörper-Wirkstoffe gegen Alzheimer
Kann Leqembi die Alzheimer-Krankheit heilen?
Nein, Leqembi kann Alzheimer weder heilen noch den Krankheitsverlauf aufhalten. Ziel der Behandlung ist es, den geistigen Abbau bei Menschen im frühen Krankheitsstadium zu verlangsamen.
In der großen Phase-3-Studie CLARITY AD zeigte sich, dass die Erkrankung bei den Teilnehmenden, die Leqembi erhielten, langsamer fortschritt als in der Placebo-Gruppe. In der für die EU-Zulassung maßgeblichen Patientengruppe (Menschen mit leichter kognitiver Beeinträchtigung oder beginnender Alzheimer-Demenz, die höchstens eine Kopie des ApoE4-Gens tragen) wurde der geistige Abbau nach 18 Monaten im Durchschnitt um 31 % verlangsamt.
Für wen kommt Leqembi infrage?
Wer mit Leqembi behandelt werden kann, muss in jedem Einzelfall genau geprüft werden.
- Der Wirkstoff kommt nur für Menschen infrage, die sich im frühen Stadium der Erkrankung befinden und bislang nur geringe Einbußen ihrer geistigen Leistungsfähigkeit haben. Dazu zählen vor allem Personen mit einer Alzheimer-Diagnose im Stadium eines Mild Cognitive Impairment (MCI, leichte kognitive Beeinträchtigung) oder einer frühen Alzheimer-Demenz.
- Die Amyloid-beta-Ablagerungen müssen nachgewiesen werden – entweder durch eine Lumbalpunktion oder ein Amyloid-PET.
- Auch genetische Voraussetzungen spielen eine Rolle: Erkrankte dürfen höchstens eine Kopie des sogenannten ApoE4-Gens tragen. Personen mit zwei Kopien sind wegen des erhöhten Risikos für Hirnblutungen von der Behandlung ausgeschlossen. Erfahren Sie mehr über das Risiko-Gen ApoE4.
- Leqembi eignet sich außerdem nicht für Menschen, die Gerinnungshemmer einnehmen. In Kombination mit dem Medikament steigt das Risiko für eine Hirnblutung deutlich.
Wieviele Menschen für die Behandlung infrage kommen, ist noch unklar:
- Nach einer Einschätzung des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) von Mai 2025 erfüllt etwa 1 von 100 Menschen mit einer Alzheimer-Demenz alle Voraussetzungen für eine Behandlung mit Leqembi, also rund 12.000 Erkrankte.
- Neuere Berechnungen des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (ZI) von August 2025 gehen von bis zu 73.000 Patientinnen und Patienten in Deutschland aus (etwa 6 % der rund 1,2 Millionen Erkrankten). Diese Zahl gilt jedoch als optimistische Obergrenze, da die aufwändige Diagnostik, Ausschlusskriteien und begrenzte ärztliche Kapazitäten berücksichtigt werden müssen.
Neben den medizinischen Voraussetzungen ist die Teilnahme an einem EU-weiten Register verpflichtend. Patientinnen und Patienten müssen der Weitergabe ihrer Behandlungsdaten zustimmen.
Ist ein Gentest vor der Behandlung mit Leqembi notwendig?
Ja, ein Gentest ist erforderlich. Vor dem Beginn der Behandlung mit Leqembi wird geprüft, ob die Patientin oder der Patient das so genannte ApoE4-Gen besitzt. Menschen mit einer doppelten Kopie dieses Gens (ApoE4-Homozygote) haben ein erhöhtes Risiko für schwere Nebenwirkungen und können deshalb nicht mit Leqembi behandelt werden. Der Gentest macht die Therapie sicherer. Vor der Durchführung des Tests erhalten die Patientinnen und Patienten eine ausführliche Beratung und müssen ausdrücklich zustimmen.
Wie läuft die Behandlung mit Leqembi ab?
Die Behandlung mit Leqembi stellt neue Anforderungen an die ärztliche Versorgung. Sie erfordert eine frühzeitige Diagnose sowie spezialisierte Einrichtungen mit ausreichender personeller und technischer Ausstattung.
Verabreichung des Medikaments:
- Leqembi wird als Infusion (Tropf) alle zwei Wochen direkt in die Vene verabreicht. Die Behandlung dauert jeweils etwa eine Stunde.
Kontrolle auf Nebenwirkungen:
- Vor und während der Behandlung sind MRT-Untersuchungen notwendig, um mögliche Nebenwirkungen wie Hirnschwellungen oder kleine Blutungen frühzeitig zu erkennen.
- Diese Kontrollen erfolgen vor der 5., 7. und 14. Infusion. Werden sie nicht durchgeführt, muss die Behandlung beendet werden.
- Treten Kopfschmerzen, Verwirrtheit oder Übelkeit auf, entscheiden die behandelnden Ärztinnen und Ärzte über weitere Untersuchungen.
Wer kann das Medikament erhalten?
- Leqembi ist nur für Menschen im frühen Stadium der Alzheimer-Krankeit zugelassen – also bei leichten kognitiven Beeinträchtigungen (MCI) oder beginnender Demenz.
- Hinzu kommen mehrere medizinische Voraussetzungen:
- Nachweis von Amyloid-beta-Ablagerungen (durch Lumbalpunktion oder Amyloid-PET).
- Höchstens eine Kopie des ApoE4-Gens.
- Wer Gerinnungshemmer einnimmt, darf nicht mit Leqembi behandelt werden.
Besondere Sicherheitsvorkehrungen:
Nur Patientinnen und Patienten, die alle Voraussetzungen erfüllen, dürfen mit Leqembi behandelt werden. Vor Beginn der Therapie erhalten sie ebenso wie ihre behandelnden Ärztinnen und Ärzte ausführliche Informationen, um mögliche Nebenwirkungen frühzeitig zu erkennen und richtig einzuordnen.
Zusätzlich ist die Teilnahme an einem EU-weiten Kontrollprogramm (Controlled Access Program, CAP) verpflichtend. Patientinnen und Patienten sowie ihre behandelnden Ärztinnen und Ärzte werden in ein zentrales Register eingetragen. Zu Beginn der Therapie erhalten die Erkrankten eine Patientenkarte und ausführliche Aufklärungsunterlagen. Diese sollen sicherstellen, dass mögliche Risiken wie ARIA rechtzeitig erkannt und gemeldet werden.
Wann wird die Behandlung mit Leqembi beendet?
Die Behandlung mit Leqembi wird beendet, wenn sich die Alzheimer-Erkrankung deutlich verschlechtert und in ein mittelschweres Stadium übergeht. Um dies festzustellen, werden die Gedächtnisleistung und andere kognitive Fähigkeiten etwa alle sechs Monate überprüft.
Auch wenn während der Behandlung ein erhöhtes Risiko für Hirnblutungen entsteht, beispielsweise durch die zusätzliche Einnahme eines Gerinnungshemmers oder eines Thrombolytikums (ein Medikament, das Blutgerinnsel auflöst), prüfen die behandelnden Ärztinnen und Ärzte, ob die Therapie fortgesetzt werden kann.
Hat Leqembi Nebenwirkungen?
Ja. In Studien wuren bei einem Teil der Teilnehmenden Hirnschwellungen (ARIA-E) und Hirnblutungen (ARIA-H) beobachtet. Diese traten meist ohne erkennbar Symptome auf, wurden aber engmaschig kontrolliert. Das Risiko für solche Nebenwirkungen hängt stark vom ApoE4-Gen ab: Menschen mit zwei Kopien dieses Gens sind besonders gefährdet und daher von der Behandlung ausgeschlossen.
Bei den für die EU-Zulassung relevanten Patientengruppen – also bei Menschen mit höchstens einer Kopie des ApoE4-Gens – kam es in rund 13 % der Fälle zu Hirnblutungen und in 9 % zu Hirnschwellungen.
Weitere mögliche Nebenwirkungen sind Kopfschmerzen (11 %) und Infusionsreaktionen (26 %). In der Studie wurden drei Todesfälle gemeldet, von denen zwei mit der gleichzeitigen Einnahme von Gerinnungshemmern in Verbindung gebracht wurden. Laut den Herstellerangaben bestand jedoch kein direkter Zusammenhang mit dem Medikament selbst.
Wie ist Leqembi im Vergleich zu bisherigen Alzheimer-Medikamenten zu bewerten?
In der medikamentösen Therapie der Alzheimer-Krankheit standen bisher keine Medikamente zur Verfügung, die auf die grundlegenden Mechanismen der Erkrankung einwirken konnten. Die verfügbaren Medikamente stimulierten die Hirnleistung und konnten auch Begleiterscheinungen der Krankheit lindern.
Leqembi hingegen greift die für die Alzheimer-Krankheit charakteristischen und möglicherweise ursächlichen Proteinablagerungen im Gehirn an, wodurch sich die kognitive Leistungsfähigkeit weniger schnell verschlechtert.
Was haben bisherige Studien zu Lecanemab ergeben?
Der Wirkstoff Lecanemab wurde in den vergangenen zehn Jahren mit mehreren hunderten Teilnehmerinnen und Teilnehmern in verschiedenen klinischen Studien untersucht. Ausschlaggebend für die Zulassung waren die Ergebnisse der Phase-3-Studie CLARITY AD, die im November 2022 auf der Alzheimer-Konferenz Clinical Trial on Alzheimer´s Disease (CTAD) vorgestellt wurden.
- An der CLARITY AD-Studie hatten insgesamt 1.795 Personen mit leichter kognitiver Beeinträchtigung oder leichter Alzheimer-Demenz teilgenommen.
- Während des 18-monatigen Untersuchungszeitraums wurde in regelmäßigen Abständen kognitive Fähigkeiten, wie das Gedächtnis, die Orientierung oder die Fähigkeit, Probleme zu lösen, von Fachleuten überprüft.
- Ergebnis der Studie war, dass die Krankheit bei denjenigen, die Lecanemab erhielten, um 27 Prozent langsamer voranschritt als bei der Kontrollgruppe.
Trotz der messbaren Wirksamkeit wird die Wirkung von Leqembi von vielen Expertinnen und Experten eher als moderat eingeschätzt. Es ist fraglich, inwieweit die Wirkung für an Alzheimer erkrankte Menschen spürbar ist und im Alltag einen Unterschied macht. Die Studie hat jedoch gezeigt, dass sich der verzögernde Effekt mit der Dauer der Einnahme zunimmt. Das könnte bedeuten, dass eine Einnahme über den Zeitraum der bisher untersuchten 18 Monate hinaus die Wirksamkeit von Lecanemab noch erhöht. Dies muss in weiteren Studien untersucht werden.
Entwicklung und Zulassung von Leqembi: Wichtige Meilensteine
Die Entwicklung und Zulassung von Leqembi (Lecanemab) war ein mehrstufiger Prozess. Hier finden Sie einen Überblick über die wichtigsten Ereignisse:
Januar 2023: Erste Zulassung von Leqembi in den USA
Juli 2024: Erste Ablehnung der Zulassung in der EU
November 2024: Positive Empfehlung durch den EMA-Ausschuss
Februar 2025: Bestätigung der Empfehlung durch den EMA-Ausschuss
August 2025: Marktstart in Österreich
Weitere Informationen:
Behandlung der Alzheimer-Krankheit
Alzheimer- und Demenzforschung aktuell: Neue Studien und Erkenntnisse
Quellen
Wissenschaftliche Studien
- van Dyck, C. H., Swanson, C. J., Aisen, P., et al. (2023). Lecanemab in early Alzheimer’s disease. The New England Journal of Medicine, 388, 21-30.
Pressemitteilungen von Herstellern
- Eisai Co., Ltd. (2022, November 29). Eisai presents full results of Lecanemab phase 3 confirmatory CLARITY AD study for early Alzheimer’s disease at Clinical Trials on Alzheimer’s Disease (CTAD) conference. Eisai Co., Ltd.
- Eisai Co., Ltd. (2024, August 2). Eisai submits supplemental Biologics License Application to the U.S. FDA for approval of subcutaneous formulation of LEQEMBI™ (lecanemab-irmb) for the treatment of Alzheimer’s disease. Eisai Co., Ltd.
- Biogen Inc. (2024, November 14). Eisai receives positive opinion from CHMP in the European Union for lecanemab. Biogen Inc.
- Biogen Inc. (2025, August 25). Austria and Germany to become the first markets in the European Union (EU) to launch LEQEMBI® (lecanemab)
Regulatorische Entscheidungen
- European Medicines Agency (2024, November 15). Leqembi recommended for treatment of early Alzheimer’s disease. European Medicines Agency.
- European Medicines Agency. (2023). Leqembi: EPAR - Public assessment report.
- U.S. Food and Drug Administration. (2023, July 6). FDA converts novel Alzheimer’s disease treatment to traditional approval. U.S. Food and Drug Administration.
- UK Government. (2023, September 21). Lecanemab licensed for adult patients in the early stages of Alzheimer’s disease. GOV.UK.
Hintergrundinformationen
- Science Media Center Germany. (2024, November 15). EMA entscheidet erneut über Empfehlung von Alzheimer-Medikament. Science Media Center Germany.
- EMA Webseite zu Leqembi
- idw (13.05.2025): Lecanemab bei Alzheimer-Demenz: IQWiG startet Informationsangebot
- Gesundheitsinformation.de (Abruf: 14.05.2025): Lecanemab (Leqembi) bei früher Alzheimer-Demenz
- Pharmazeutische Zeitung (Abruf: 29.08.2025): Wie kommt man an das neue Alzheimer-Medikament?
*Alle Fakten wurden gründlich recherchiert, dennoch kann keine Gewähr übernommen werden. Die Alzheimer Forschung Initiative e.V. (AFI) unterhält keine Beziehungen zu den Pharmakonzernen Eisai und Biogen.
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