Die Pflegeversicherung

Pflegegrade und Leistungen bei Alzheimer und Demenz

Die Diagnose Demenz bringt viele Unsicherheiten und Fragen mit sich.

Eine der wichtigsten für Betroffene und Angehörige ist oft die Frage nach Unterstützung in Form von Geld- und Sachleistungen durch die Pflegeversicherung.

In unserem Beitrag erfahren Sie alles über die Pflegegrade bei Alzheimer und anderen Demenzerkrankungen - und was Sie bei der Beantragung von Pflegegeld und Co. beachten sollten. 

Beantragung eines Pflegegrades

Wer in Deutschland Leistungen wie Pflegegeld in Anspruch nehmen möchte, muss zunächst einen Pflegegrad beantragen, nach dem sich Höhe und Umfang der Leistungen richten. Die Pflegegrade ersetzen seit 2017 das frühere System aus Pflegestufen und werden je nach Schwere der Beeinträchtigung auf einer Skala von 1 bis 5 vergeben. Dabei gilt Pflegegrad 1 für Personen mit geringer Beeinträchtigung und Pflegegrad 5 für Personen mit schwerster Beeinträchtigung.

Der Antrag wird bei der zuständigen Pflegekasse gestellt, die bei den Krankenkassen angesiedelt ist. Dies kann formlos per Telefon, E-Mail oder Brief geschehen. Sei erhalten dann ein Formular, dass Sie an die Pflegekasse zurücksenden.

Innerhalb von zwei Wochen nach Antragsstellung findet dann ein Hausbesuch statt, bei dem eine Gutachterin oder ein Gutachter des Medizinischen Dienstes (MD) (bei Privatversicherten: der Medicproof GmbH) überprüft, wie selbstständig der oder die Erkrankte den Alltag bewältigen kann.

Menschen in einem frühen Stadium der Demenz werden häufig in Pflegegrad 2 eingestuft, Erkrankte in fortgeschrittenen Stadien erhalten entsprechend höhere Pflegegrade. Erfahren Sie hier mehr über die vier Stadien der Alzheimer-Demenz.

Bei Alzheimer und anderen Demenzerkrankungen verschlechtert sich der Zustand der Patientinnen und Patienten zunehmend. Um eine optimale Betreuung zu gewährleisten, sollte die Pflegesituation regelmäßig überprüft werden, speziell dann, wenn Sie merken, dass Fähigkeiten nachlassen.

Welche Faktoren spielen beim Pflegegrad eine Rolle?

Bei der Einstufung in einen Pflegegrad wird der individuelle Zustand des oder der Betroffenen umfassend beurteilt. Bei Menschen mit einer Demenzerkrankung spielt dabei besonders die Selbstständigkeit im Alltag eine Rolle, aber auch die psychische Verfassung und das Sozialverhalten.

    Weitere Faktoren sind:

    • Mobilität in der Wohnung, zum Beispiel beim Hinsetzen und Aufstehen oder Treppensteigen
    • Geistige und kommunikative Fähigkeiten, wie die örtliche und zeitliche Orientierung oder das Formulieren von Bedürfnissen
    • Verhaltens- und psychische Probleme, wie nächtliche Unruhe, Antriebslosigkeit oder aggressives Verhalten
    • Selbstversorgung, zum Beispiel die Fähigkeit, sich selbstständig zu waschen, anzuziehen und die Toilette aufzusuchen
    • die Fähigkeit, mit den Anforderungen der Erkrankung umzugehen, zum Beispiel Medikamente richtig einzunehmen oder selbstständig zum Arzt zu gehen
    • die Fähigkeit, den Alltag zu gestalten und soziale Kontakte zu pflegen

    Bei der Erfassung aller Daten und Informationen gehen die Gutachterinnen und Gutachter nach einem genormten Fragenkatalog vor. Anschließend wird über ein Punktesystem der Pflegegrad errechnet.

    Die Erteilung des Pflegegrades

    Innerhalb von 25 Arbeitstagen nach dem Termin mit Gutachterin oder Gutachter muss die Pflegekasse entscheiden, ob und welcher Pflegegrad vorliegt. In akuten Fällen ist eine Entscheidung auch früher fällig. Wird ein Pflegegrad gewährt, zahlt die Pflegekasse rückwirkend ab dem Datum des Erstantrages.

    Alle Antragsteller haben außerdem Anspruch auf eine persönliche Pflegeberatung. Die Pflegekassen schlagen den Betroffenen dazu nach Eingang des Antrags einen konkreten Termin vor.

    • Wird der Pflegegrad gewährt, kann zwischen einer Geldleistung und einer Sachleistung gewählt werden. Wer von seinen Angehörigen gepflegt wird, erhält eine Geldleistung.
    • Übernimmt ein zugelassener Pflegedienst die Pflege, zahlt die Pflegeversicherung die Kosten als Sachleistung. Auch eine Kombination ist möglich.
    • Zusätzlich besteht ein Anspruch auf Übergangspflege im Krankenhaus, wenn die Versorgung der pflegebedürftigen Person nicht anders sichergestellt werden kann.

    Sollte der Pflegegrad abgelehnt werden, besteht die Möglichkeit, Widerspruch einzulegen. Auch hierbei hilft die Pflegeberatung.

    Pflegegrade und monatliche Leistungen im Überblick:

    (Stand: 1. Januar 2024)
    Pflegebedürftigkeit in Graden Geldleistung für häusliche Pflege Sachleistung für häusliche Pflege
    Pflegegrad 1 - -
    Pflegegrad 2 332 Euro 761 Euro
    Pflegegrad 3 573 Euro 1.432 Euro
    Pflegegrad 4 765 Euro 1.778 Euro
    Pflegegrad 5 947 Euro 2.200 Euro

    Tipps zur Beantragung eines Pflegegrades bei Demenz

    Der Besuch einer Gutachterin oder eines Gutachters des MD löst bei Angehörigen und Erkrankten oft gemischte Gefühle aus: Auf der einen Seite steht der Bedarf für Unterstützung bei der Versorgung im Alltag, auf der anderen Seite gibt man einer fremden Person sehr persönliche Einblicke in die gemeinsame Lebenssituation.

    Es ist daher in jedem Fall empfehlenswert, sich in Ruhe auf den Gutachter-Termin vorzubereiten. Eine gute Gedächtnisstütze für Angehörige ist zum Beispiel ein Pflegetagebuch, in dem festgehalten wird, in welchen Situationen Hilfe nötig ist.

    Halten Sie zudem alle Dokumente bereit, die einen Eindruck vom Gesundheitszustand des oder der Erkrankten vermitteln. Dazu gehören Arztberichte, Übersichten über Medikamenteneinnahmen und (sofern vorhanden) die Pflegedokumentation des ambulanten Pflegedienstes und der Schwerbehindertenausweis.

    Bedenken Sie, dass eine Begutachtung durch den MD immer auf einer Momentaufnahme beruht. Gerade bei Demenzerkrankungen gleicht jedoch kein Tag dem anderen, so dass es auch für erfahrene Sachverständige nicht immer einfach einzuschätzen ist, wieviel Unterstützung eine Person tatsächlich braucht. 

    "Ich bin noch fit!": Fassadenverhalten

    Ein Phänomen, das Gutachterinnen und Gutachter gut kennen, das aber Angehörige (vor allem erwachsene Söhne und Töchter) oft sprachlos macht, ist das so genannte Fassadenverhalten.

    Es beschreibt eine scheinbar plötzliche Verbesserung des persönlichen Befindens sobald der Besuch eintrifft. Die Erkrankten wirken wacher, fitter und nicht selten werden Alltagsprobleme im Gespräch von den Betroffenen beschönigt oder heruntergespielt.

    Was dahinter steckt? Ein Schutzmechanismus, der einsetzt, wenn Erkrankte um ihr selbstbestimmtes Leben fürchten. Obwohl sie selbst spüren, dass sie ohne Hilfe immer schlechter zurechtkommen, lehnen sie den Gedanken ab, Hilfe anzunehmen. Hinzu kommt die Scham über die eigene Schwäche, die man vor Fremden lieber verbergen möchte.

    In diesem Fall sollten Sie als Pflegeperson den oder die Sachverständige kurz zur Seite nehmen, und darauf hinweisen, dass der Besuch keinen realistischen Eindruck von der Hilfsbedürftigkeit vermittelt hat. Beschreiben Sie dann, in welchen Situationen die erkrankte Person normalerweise Hilfe benötigt.

    Was tun, wenn Erkrankte Unterstützung ablehnen?

    Trotz der Möglichkeit, Leistungen aus der Pflegekasse zu erhalten und Aussicht auf Entlastung im Alltag zu haben, ist die Antragstellung für Angehörige und Erkrankte nicht einfach. Die Einstufung in einen Pflegegrad bedeutet eine Veränderung, die von den Betroffenen oft schlichtweg abgelehnt wird.

    Das Problem: Aufschieben macht die Sache nicht besser. Alle Demenzerkrankungen schreiten schleichend voran und auch Menschen, die zu Beginn einer Erkrankung wie Alzheimer noch gut zurechtkommen, sind irgendwann nicht mehr in der Lage, für sich selbst zu sorgen. Sie sind dann auf Hilfe angewiesen.

    Was also tun, wenn die betroffene Person Hilfe ablehnt?

    • Versuchen Sie, das Thema Pflege so früh wie möglich anzusprechen. Es ist leichter, über eine Haushaltshilfe zu sprechen als über eine Tagespflege.
    • Wertschätzende Haltung: An Alzheimer erkrankte Menschen leben zunehmend in ihrer eigenen Welt. Lassen Sie sich wertschätzend und einfühlsam auf diese Realität ein und behandeln Sie Ihr Gegenüber mit Respekt und auf Augenhöhe. 
    • Vertrauen schaffen: Statt zu argumentieren, versuchen Sie herauszufinden, was hinter der Ablehnung steckt.

    Tipp! Bei Menschen mit Demenz ist neben der alltäglichen Pflege auch der Betreuungsbedarf in rechtlichen und finanziellen Angelegenheiten ein Thema. Alle Infos rund um die rechtliche Vorsorge und die wichtigsten Dokumente haben wir Ihnen auf dieser Seite zusammengestellt.

    Lesen Sie dazu auch unseren Ratgeber

    Der Ratgeber Leben mit der Diagnose Alzheimer erläutert, was auf Menschen mit Alzheimer und ihre Familien und Freunde zukommen kann. Beleuchtet werden neben medizinischen und therapeutischen Aspekten auch pflegerische, rechtliche und finanzielle Fragestellungen.
    72 Seiten, 2021

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