Apolipoprotein ApoE4:
Was das Risiko-Gen mit Alzheimer zu tun hat
Alzheimer ist (auch) eine Frage der Gene.
So entscheiden sogenannte Risiko-Gene mit darüber, ob ein Mensch ein höheres oder geringeres Risiko hat, im Alter an Alzheimer zu erkranken.
Das wichtigste und bekannteste Risiko-Gen für die Alzheimer-Krankheit ist das Gen, das den Bauplan für das Protein Apolipoprotein E, kurz ApoE4 trägt. Es kann von einem oder beiden Elternteilen an die Kinder weitergegeben werden.
Alles Wissenswerte über den Zusammenhang von ApoE4 und Alzheimer, das Erkrankungsrisiko und ApoE-Gentests.

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Was ist das ApoE4-Gen?
Das ApoE4-Gen ist eines der Gene, das mit der Entstehung von Alzheimer in Zusammenhang steht.
- Es ist eine der drei Hauptvarianten des menschlichen Gens, das den Bauplan für das Protein Apolipoprotein trägt. Weitere Varianten sind ApoE2 und ApoE3
- ApoE spielt eine wichtige Rolle im Fettstoffwechsel des Körpers - insbesondere beim Transport von Cholesterin.
- Etwa 25 Prozent der Bevölkerung sind Träger einer Kopie von ApoE4, etwa zwei Prozent Träger von zwei Kopien.
- Menschen mit zwei Kopeien haben das höchste Risiko - es ist etwa zehnmal höher als bei Menschen mit anderen ApoE Varianten.
- Wichtig: Auch wenn das Risiko deutlich erhöht ist, bedeutet dies nicht, dass eine Person zwangsläufig erkranken wird.
- Von allen Menschen Alzheimer-Demenz sind etwa 60 Prozent Träger mindestens einer ApoE4-Kopie.
Wie beeinflusst ApoE4 die Entstehung von Alzheimer?
Warum das ApoE4-Gen das Alzheimer-Risiko erhöht, gehört mit zu den zentralen Fragen der aktuellen Alzheimer-Forschung.
Ein Forschungsprojekt unter der Leitung von Prof. Dr. Thomas Willnow, gefördert durch die Alzheimer Forschung Initiative in den Jahren 2019/20 lieferte hierzu neue Hinweise: ApoE4 scheint den Fettstoffwechsel im Gehirn negativ zu beeinflussen.
In ihren Untersuchungen stellten die Forschenden fest, dass bei Menschen mit ApoE4 die Nervenzellen im Gehirn schlechter mit schützenden Fettsäuren versorgt sind. Ihnen fehlt offenbar ein wichtiger Rezeptor für ungesättigte Lipide, die Nervenzellen stabilisieren sollen.
Diese reduzierte Schutzfunktion kann im Alter dazu führen, dass Nervenzellen schneller absterben – was das Risiko für eine Alzheimer-Erkrankung deutlich erhöht.

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Kann man sich auf ApoE4 testen lassen?
In Deutschland werden Gentests auf ApoE4 derzeit eher selten durchgeführt.
Meist kommen sie im Rahmen von Forschungsstudien zum Einsatz, um genetische Veranlagungen besser zu verstehen und wissenschaftlich zu vergleichen.
Für Menschen, die privat wissen möchten, ob sie ein erhöhtes Alzheimer-Risiko haben, ist ein ApoE4-Test aktuell nur in Ausnahmefällen möglich. Selbsttests für zu Hause, wie sie etwa in den USA erhältlich sind, dürfen in Deutschland aufgrund des Gendiagnostikgesetzes nicht angeboten werden.
Wichtig zu wissen: Die meisten Gentests, die in Deutschland auf Alzheimer durchgeführt werden, betreffen nicht ApoE4, sondern die familiäre Alzheimer-Krankheit, die meist vor dem 65. Lebensjahr beginnt. Diese Tests werden nur nach genetischer Berataung in speziellen Sprechstunden angeboten.

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ApoE4-Test bei geplanter Leqembi-Therapie
Auch wenn ApoE4-Tests aktuell noch selten sind, könnte sich das bald ändern: Für Menschen, die sich mit dem Alzheimer-Medikament Leqembi (Lecanemab) behandeln lassen möchten, ist ein solcher Test verpflichtend.
Leqembi wurde im April 2025 in der EU zugelassen, ist aber noch nicht in der Praxis verfügbar. Sobald die Behandlung angeboten wird, gehören ApoE4-Tests zur regulären Diagnostik – denn Personen mit zwei Kopien des ApoE4-Gens dürfen nicht mit Leqembi behandelt werden, da sie ein deutlich erhöhtes Risiko für Nebenwirkungen wie Hirnblutungen und Hirnschwellungen haben.
Weitere Informationen zum Medikament Leqembi finden Sie hier
ApoE4: Was das Gen aussagt – und was nicht
Nicht jeder Mensch mit einer genetischen Veranlagung wird später tatsächlich an Alzheimer erkranken. Deshalb ist es wichtig zu verstehen, was ein Risiko-Gen wie ApoE4 bedeutet - und worin es sich von den Genen unterscheidet, die eine familiäre Alzheimer-Erkrankung verursachen.
Der Unterschied liegt in der Aussagekraft:
- ApoE4 ist ein Risiko-Gen: Es erhöht die Wahrscheinlichkeit, im Alter an Alzheimer zu erkranken - ist aber kein sicheres Anzeichen für eine spätere Erkrankung.
- APP, PSEN1, PSEN2 sind Alzheimer-Gene: Wenn in einem dieser Gene eine bestimmte Mutation vorliegt, wird jemand mit hoher Sicherheit erkranken. Das nennt man die familiäre Form von Alzheimer.
Mehr Informationen zur familiär vererbten Alzheimer-Demenz und den Unterschieden zur sporadischen Form
Neue Forschung: Ist doppeltes ApoE4 doch mehr als nur ein Risiko?
Die Rolle von ApoE4 in doppelter Ausführung (homozygot) wird in der Wissenschaft derzeit intensiv diskutiert. Eine im Mai 2024 veröffentlichte Studie eines spanischen Forschungsteams legt nahe: Wer zwei Kopien des ApoE4-Gens trägt, entwickelt mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit im Laufe des Lebens Alzheimer.
Die Forschenden sprechen deshalb davon, dass doppelt vererbtes ApoE4 eine genetische Variante der Erkrankung sein könnte - ähnlich wie bei denen seltenen familiären Formen.
Die Diskussion ist wissenschaftlich noch nicht abgeschlossen. Sicher ist aber: Das Alzheimer-Risiko ist für homozygote ApoE4-Träger und -Trägerinnen deutlich erhöht - und typische Veränderungen zeigen sich oft schon ab dem mittleren Alter.
Was Sie trotz genetischem Risiko tun können
Unsere Gene können wir nicht verändern - unseren Lebensstil schon.
Auch wenn eine genetische Veranlagung wie ApoE4 das Risiko erhöht, bedeutet das nicht, dass man Alzheimer automatisch bekommt.
Studien zeigen: Wer sich gesund ernährt, körperlich aktiv bleibt, soziale Kontakte pflegt und auf Herz und Kreislauf achtet, kann sein Risiko deutlich senken – unabhängig von der genetischen Ausstattung.
Diese Maßnahmen helfen auch, wenn bereits eine Demenzerkrankung diagnostiziert wurde.

Yan Krukov/pexels
Lesen Sie dazu auch unseren Ratgeber
Der Ratgeber Alzheimer vorbeugen: Gesund leben – gesund altern zeigt, wie wir durch eine aktives und gesundes Leben sowie gesundheitliche Vorsorge unser Alzheimer-Risiko senken können. Es werden 12 Risikofaktoren vorgestellt, auf die jeder und jede achten kann, um Alzheimer vorzubeugen.
44 Seiten, 2022

Autorin
Dr. Anne Pfitzer-Bilsing
hat sich nach ihrem Studium der Biochemie an der Uni Düsseldorf während ihrer Doktorarbeit auf Amyloide spezialisiert. Seit 2024 leitet sie bei der AFI die Abteilung Wissenschaft.