Pflegegrad bei Demenz:
Wie Sie Unterstützung erhalten
Eine Demenzdiagnose wirft viele Fragen auf – auch zur finanziellen Unterstützung.
Welche Hilfe bietet die Pflegeversicherung? Und wie funktioniert das mit dem Pflegegrad?
In diesem Beitrag erfahren Sie, was Ihnen zusteht, wie Sie einen Antrag auf Pflegegeld stellen können und worauf es dabei ankommt.
Wichtig zu wissen: Entscheidend für die Einstufung ist nicht die Diagnose, sondern wie viel Unterstützung im Alltag tatsächlich notwendig ist.

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Inhalt
Welche Faktoren spielen beim Pflegegrad eine Rolle?
Die Erteilung des Pflegegrades
Pflegegrade und monatliche Leistungen im Überblick
Pflegeleistungen bei Demenz - was zusätzlich möglich ist
Die Beantragung eines Pflegegrades
Wer Pflegegeld oder andere Leistungen der Pflegeversicherung erhalten möchte, muss zunächst einen Pflegegrad beantragen. Dieser bestimmt, wie viel Unterstützung jemand braucht und wie hoch die Leistungen ausfallen.
Seit 2017 gibt es statt der früheren Pflegestufen fünf Pflegegrade. Sie reichen von Pflegegrad 1 (geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit) bis Pflegegrad 5 (schwerste Beeinträchtigung mit besonderem Pflegebedarf).
Der Antrag wird bei der zuständigen Pflegekasse gestellt, die bei den Krankenkassen angesiedelt ist, formlos per Telefon, E-Mail oder Brief. Sie erhalten dann ein Formular, dass Sie ausgefüllt zurücksenden.
Innerhalb von zwei Wochen nach Antragsstellung wird in der Regel der Hausbesuch organisiert: Eine Gutachterin oder ein Gutachter des Medizinischen Dienstes (MD) (bei Privatversicherten: der Medicproof GmbH) prüft, wie gut die an Demenz erkrankte Person ihren Alltag noch allein bewältigt.
Menschen in einem frühen Stadium der Demenz werden häufig zunächst in Pflegegrad 2 eingestuft. Mit Fortschreiten einer Erkrankung wie Alzheimer steigt auch der Pflegebedarf – eine regelmäßige Überprüfung der Pflegesituation ist demnach wichtig.
Erfahren Sie hier mehr über die vier Stadien der Alzheimer-Demenz

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Welche Faktoren spielen beim Pflegegrad eine Rolle?
Für die Einstufung in einen Pflegegrad wird der individuelle Zustand der erkrankten Person umfassend beurteilt. Bei Menschen mit einer Demenzerkrankung spielt dabei besonders die Selbstständigkeit im Alltag eine Rolle, aber auch die psychische Verfassung und das Sozialverhalten.
Weitere Faktoren sind:
- Mobilität, zum Beispiel beim Hinsetzen und Aufstehen oder Treppensteigen
- Geistige und kommunikative Fähigkeiten, wie die örtliche und zeitliche Orientierung, das Verstehen und Formulieren von Bedürfnissen
- Verhaltensweisen und psychische Auffällligkeiten, wie nächtliche Unruhe, Antriebslosigkeit oder Aggressionen
- Selbstversorgung, etwa beim Waschen, Anziehen oder Toilettengang
- Umgang mit der eigenen Erkrankung, zum Beispiel Medikamente richtig einnehmen oder Arzttermine selbstständig wahrnehmen
- Gestaltung des Alltags und Pflege sozialer Kontakte

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Gutachten auf Grundlage eines Fragebogens
Die Gutachterinnen und Gutachter des Medizinischen Dienstes erfassen alle Informationen anhand eines standardisierten Fragenkatalogs. Anhand eines Punktesystems wird daraus der Pflegegrad berechnet.
Die Erteilung des Pflegegrades
Spätestens 25 Arbeitstage nach dem Termin mit Gutachterin oder Gutachter muss die Pflegekasse entscheiden, ob ein Pflegegrad vorliegt – und wenn ja, welcher. In dringenden Fällen ist eine frühere Entscheidung möglich. Wird ein Pflegegrad bewilligt, erfolgt die Leistung rückwirkend ab dem Datum des Erstantrags.
Pflegeberatung ist Pflicht:
Alle Antragsteller haben außerdem Anspruch auf eine persönliche Pflegeberatung. Die Pflegekassen schlagen nach Eingang des Antrags einen konkreten Termin vor.
Geld- oder Sachleistung - Sie haben die Wahl:
- Wird die Pflege durch Angehörige übernommen, wird Pflegegeld gezahlt.
- Wird ein ambulanter Pflegedienst beauftragt, übernimmt die Pflegeversicherung die Kosten als Sachleistung.
- Auch eine Kombination beider Leistungen ist möglich.
Weitere Unterstützung:
Es besteht außerdem Anspruch auf Übergangspflege im Krankenhaus, wenn die Versorgung zu Hause nicht sichergestellt werden kann.
Widerspruch möglich:
Wird kein Pflegegrad bewilligt oder erscheint die Einstufung zu niedrig, können Sie Widerspruch einlegen. Auch dabei unterstützt die Pflegeberatung.

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Pflegegrade und monatliche Leistungen im Überblick:
Je höher der Pflegegrad, desto umfangreicher sind die Leistungen der Pflegeversicherung. Die folgende Übersicht zeigt, welche Geld- und Sachleistungen monatlich zur Verfügung stehen – Stand: 1. Januar 2025.
| Pflegebedürftigkeit in Graden | Geldleistung für häusliche Pflege | Sachleistung für häusliche Pflege |
| Pflegegrad 1 | - | - |
| Pflegegrad 2 | 347 Euro | 796 Euro |
| Pflegegrad 3 | 599 Euro | 1.497 Euro |
| Pflegegrad 4 | 800 Euro | 1.859 Euro |
| Pflegegrad 5 | 990 Euro | 2.299 Euro |
Quelle: Bundesgesundheitsministerium, Pflegeversicherungsleistungen ab 01/25
Pflegeleistungen bei Demenz - was zusätzlich möglich ist
Zusätzlich zu Geld- oder Sachleistungen gibt es Angebote, die besonders bei der häuslichen Versorgung von Menschen mit Demenz entlasten:
- Tages- und Nachtpflege: Betreuung in einer spezialisierten Einrichtung, stunden- oder tagesweise
- Kurzzeitpflege: Vorübergehende stationäre Pflege, zum Beispiel nach einem Klinikaufenthalt
- Verhinderungspflege (Ersatzpflege): Wenn pflegende Angehörige verhindert sind
- Entlastungsleistungen: Zum Beispiel für Alltagsbegleitung oder Hilfen im Haushalt
- Pflegehilfsmittel: Etwa Duschhocker, Inkontinenzartikel oder Hausnotruf
- Wohnumfeldverbessernde Maßnahmen: Zum Beispiel Umbauten für mehr Sicherheit zu Hause
Tipps zur Beantragung eines Pflegegrades bei Demenz
Der Besuch einer Gutachterin oder eines Gutachters des MD kann gemischte Gefühle auslösen: Einerseits besteht ein klarer Unterstützungsbedarf, andererseits bedeutet der Termin, einer fremden Person sehr persönliche Einblicke in den Alltag zu geben.
Eine gute Vorbereitung hilft, Unsicherheiten zu reduzieren. Halten Sie bereits vor dem Termin wichtige Unterlagen bereit – zum Beispiel:
- Arztberichte
- Medikamentenpläne
- Dokumentationen des ambulanten Pflegedienstes (sofern vorhanden)
- den Schwerbehindertenausweis.
Auch ein Pflegetagebuch kann hilfreich sein. Es zeigt, in welchen Situationen regelmäßig Hilfe notwendig ist – eine wertvolle Gedächtnisstütze für das Gespräch.
Wichtig zu wissen: Die Begutachtung ist immer eine Momentaufnahme. Gerade bei Demenzerkrankungen gleicht jedoch kein Tag dem anderen, so dass es auch für erfahrene Sachverständige nicht immer einfach einzuschätzen ist, wieviel Unterstützung eine Person tatsächlich braucht.

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"Ich bin noch fit!": Fassadenverhalten
Viele Angehörige erleben es beim Besuch des Medizinischen Dienstes: Die erkrankte Person wirkt plötzlich erstaunlich wach, klar und selbstständig. Im Gespräch werden Probleme heruntergespielt oder ganz verschwiegen. Fachleute sprechen in solchen Fällen von Fassadenverhalten.
Dieser Mechanismus ist nicht ungewöhnlich. Er tritt oft auf, wenn Erkrankte Angst davor haben, ihre Selbstständigkeit zu verlieren. Die Scham über die eigenen Defizite – besonders vor Fremden – verstärkt diesen Effekt. Nach außen entsteht das Bild "Ich komme doch ganz gut klar."
Was tun, wenn der erste Eindruck täuscht?
Nehmen Sie die Gutachterin oder den Gutachter am besten beiseite, und beschreiben Sie ehrlich, in welchen Situationen tatsächlich Hilfe notwendig ist. So entsteht ein realistisches Bild – und der Pflegebedarf wird besser eingeschätzt.
Was tun, wenn Erkrankte Unterstützung ablehnen?
Nicht jede erkrankte Person ist bereit, Hilfe anzunehmen – selbst wenn der Alltag spürbar schwerer fällt. Der Antrag auf einen Pflegegrad wird dann abgeleht, aufgeschoben oder gar nicht erst angesprochen. Für Angehörige ist das oft belastend.
Warum die Ablehnung?
Hinter Sätzen wie „Ich brauche keine Hilfe“ oder „Das geht schon noch“ steckt häufig der Wunsch, die Kontrolle zu behalten. Wer ein Leben lang für sich und andere gesorgt hat, tut sich schwer damit, auf Unterstützung angewiesen zu sein.
Bei Demenz kommt hinzu, dass viele ihre Einschränkungen selbst nicht wahrnehmen oder sie sich anders erklären.
Wie Sie damit umgehen können:
- Sprechen Sie das Thema frühzeitig an: Es ist leichter, eine Haushaltshilfe zu akzeptieren als eine Tagespflege.
- Beginnen Sie mit kleinen, konkreten Schritten – etwa der Frage: „Wollen wir den Antrag einfach mal stellen und schauen, was passiert?“
- Fragen wirken oft weniger bedrohlich als Vorschläge: „Wäre es nicht gut zu wissen, was es überhaupt für Möglichkeiten gibt?“
- Zeigen Sie Verständnis. Ablehnung ist oft Ausdruck von Angst oder Unsicherheit.

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Tipp: Neben Pflegeleistungen wird oft auch Unterstützung in rechtlichen oder finanziellen Fragen nötig – etwa durch eine Vorsorgevollmacht. Was Sie dazu wissen sollten, finden Sie auf dieser Seite zur rechtlichen Vorsorge.

Lesen Sie dazu auch unseren Ratgeber
Der Ratgeber Leben mit der Diagnose Alzheimer erläutert, was auf Menschen mit Alzheimer und ihre Familien und Freunde zukommen kann. Beleuchtet werden neben medizinischen und therapeutischen Aspekten auch pflegerische, rechtliche und finanzielle Fragestellungen.
72 Seiten, 2025

Autorin
Petra Lindenberg, M.A.
hat sich nach ihrem Studium der Sprachwissenschaft als Texterin im Online-Marketing spezialisiert. Seit 2022 arbeitet sie bei der AFI in der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit.



