Demenz & Schlaf:
Was bei nächtlicher Unruhe hilft

Schlafstörungen gehören zu den größten Herausforderungen in der Betreuung von Menschen mit Demenz.

Wenn jemand nachts wach ist, ruft oder unruhig umherwandert, ist an Schlaf auch für die Angehörigen kaum noch zu denken.

Viele Pflegende berichten, dass sie sich auch nachts häufig wach sind oder sich wie in Alarmbereitschaft fühlen - was auf Dauer gesundheitliche Folgen haben kann.

Doch warum treten diese Schlafstörungen bei Demenz so häufig auf? Und was kann helfen, wieder mehr Ruhe in die Nächte zu bringen?

Warum ist der Schlaf bei Demenz gestört?

Schlaf und Wachsein werden vom Gehirn gesteuert. Erkrankt ein Mensch an einer Demenzerkrankung wie Alzheimer, ist häufig schon früh der Bereich im Gehirn betroffen, der den Tag-Nacht-Rhythmus reguliert – und damit auch für den Schlaf eine wichtige Rolle spielt. In der Folge gerät die innere Uhr aus dem Takt – und mit ihr das Gefühl dafür, wie spät es ist oder ob gerade Tag oder Nacht ist.

Im Alltag können sich Schlafprobleme ganz unterschiedlich äußern. Wer sich um einen Menschen mit Demenz kümmert, bemerkt oft, dass er oder sie:

  • tagsüber viel schläft und nachts aufwacht
  • nur schlecht (wieder) einschlafen kann
  • nicht immer weiß, ob es Tag oder Nacht ist
  • besonders in den Abendstunden unruhig wird („Sundowning“)

Neben den demenzbedingten Veränderungen im Gehirn können auch andere Faktoren den Schlaf beeinträchtigen - zum Beispiel Schmerzen, Unruhe, schlechte Träume, Harndrang, Hunger oder  bestimmte Medikamente.

Auch das Alter eines Menschen beeinflusst den Schlaf: Ältere Menschen schlafen generell kürzer und leichter, mit weniger Tiefschlafphasen - und wachen auch unabhängig von einer Erkrankung häufiger nachts auf.

Als Sundowning bezeichnet man eine Phase am frühen Abend, in der viele Menschen mit Demenz unruhiger werden. Sie wirken dann häufiger verwirrt, ängstlich oder gereizt und beginnen manchmal unruhig umherzulaufen. Warum das so ist, lässt sich nicht genau sagen - wahrscheinlich spielen mehrere Faktoren zusammen: die einbrechende Dunkelheit, die Erschöpfung nach einem langen Tag oder Nächte mit wenig Schlaf.

Warum guter Schlaf (für alle) so wichtig ist

Schlaf ist mehr als Ruhe. Während wir schlafen, regeneriert sich das Gehirn, sortiert Eindrücke, festigt Erinnerungen und baut schädliche Stoffwechselprodukte ab. Gerade für Menschen mit Demenz kann guter Schlaf helfen, innere Anspannung zu verringern und die kognitiven Fähigkeiten zu stabilisieren – zumindest vorübergehend.

Auch für pflegende Angehörige ist Schlaf unverzichtbar. Doch viele berichten, dass sie über Wochen oder Monate nicht mehr richtig zur Ruhe kommen – weil sie nachts mehrfach geweckt werden oder aus Sorge ständig wachsam bleiben.

Die Folge: ein Zustand ständiger Erschöpfung – körperlich wie seelisch. Studien zeigen, dass chronischer Schlafmangel das Risiko erhöht für:

  • Bluthochdruck
  • Diabetes
  • Depressionen
  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen
  • ein geschwächtes Immunsystem
  • und möglicherweise auch für eine spätere Demenzerkrankung

Schlaf ist keine Nebensache. Wer regelmäßig zur Ruhe kommt, ist belastbarer – und kann besser für andere da sein.

Übrigens: Auch für die Vorbeugung einer Alzheimer-Erkrankung könnte gesunder Schlaf eine wichtige Rolle spielen.

Erfahren Sie hier, was die Forschung dazu sagt.

Was hilft, um den Schlaf bei Demenz zu verbessern?

Was also kann helfen, wenn der Schlaf bei Demenz gestört ist? Hier finden Sie konkrete Anregungen für den Alltag.

1. Den Tag gut strukturieren

Ist die innere Uhr einmal aus dem Takt geraten, lässt sie sich nicht mehr zurückstellen – aber sie lässt sich unterstützen. Eine klare Tagesstruktur hilft, den Unterschied zwischen Tag und Nacht erlebbar zu machen.

Tageslicht ist dabei besonders wichtig: Wer morgens am Fenster frühstückt oder kurz an die frische Luft geht, hilft dem Gehirn, sich zeitlich zu orientieren. Im Winter kann eine Tageslichtlampe helfen.

Auch Bewegung hilft – am besten draußen und zu festen Zeiten. Sie baut Spannungen ab und macht abends müde.

Schlafen am Tag sollte vermieden werden: Ein Mittagsschlaf kann guttun, sollte aber 30 Minuten nicht überschreiten, da er sonst die innere Uhr zusätzlich durcheinanderbringt und den Nachtschlaf erschwert. Um nächtliches Aufwachen zu verhindern, sollten Menschen mit Demenz abends nicht zu früh schlafen gehen.

Da auch die Mahlzeiten ein wichtiger Taktgeber für den Körper sind, sollten diese möglichst jeden Tag zur gleichen Uhrzeit stattfinden, die letzte am besten zwei bis drei Stunden vor dem Zubettgehen.

2. Eine Umgebung schaffen, die den Schlaf fördert

Schlafen gelingt besser, wenn die Umgebung stimmt. Das gilt für uns alle – und erst recht bei Demenz, wenn Reize schwerer einzuordnen sind:

Am Tag darf es ruhig hell sein. Abends sollte das Licht dagegen gedimmt werden, damit der Körper Melatonin produzieren und zur Ruhe kommen kann. Nachtlichter mit Bewegungsmeldern helfen, sich bei Dunkelheit zu orientieren, ohne durch grelles Licht aufgeweckt zu werden.

Auch die Raumtemperatur hat Einfluss auf den Schlaf: Ideal sind eher kühle 16 bis 20 Grad. Wer leicht friert, kann eine zusätzliche Decke bereitlegen.

Manche Menschen kommen mit einer Gewichtsdecke besser zur Ruhe. Dies kann ein Gefühl von Geborgenheit vermitteln - allerdings ist die Wirkung individuell verschieden und sollte ärztlich abgeklärt werden.

3. Die Abendstunden ruhig ausklingen lassen

Ein ruhiger Ausklang des Tages hilft vielen Menschen mit Demenz dabei, besser zur Ruhe zu kommen und in den Schlaf zu finden.

Deshalb gilt: keine Reizüberflutung am Abend. Laute Fernsehsendungen, hektische Gespräche oder zu helles Licht sollten vermieden werden. Stattdessen helfen feste Routinen dabei, Sicherheit zu geben. Ein Tee, leise Musik, eine kleine Geschichte oder einfach gemeinsames Zähneputzen können Signale dafür sein, dass jetzt die Nacht beginnt.

Wenn nachts dennoch Unruhe aufkommt, hilft es, ruhig zu bleiben. Eine leise Stimme, Orientierung („Es ist Nacht, du kannst weiterschlafen“) oder sanfte Nähe können in solchen Momenten Sicherheit vermitteln.

4. Unterstützung organisieren, wenn es allein nicht mehr geht

Manchmal reichen gute Routinen und eine ruhige Umgebung nicht aus. Wenn die Nächte dauerhaft anstrengend bleiben und niemand mehr richtig durchschläft ist es wichtig, Hilfe anzunehmen – frühzeitig und ohne schlechtes Gewissen.

Eine ärztliche Abklärung kann helfen, körperliche Ursachen wie Schmerzen, Infekte oder Nebenwirkungen von Medikamenten zu erkennen und gezielt zu behandeln. Auch Angebote wie Nachtpflege, Tagesbetreuung oder stundenweise Hilfe können entlasten - hier finden Sie praktische Informationen zu Betreuungsmöglichkeiten für Menschen mit Demenz.

Medikamente zur Beruhigung sollten nur gezielt und nach Rücksprache mit Ärztin oder Arzt eingesetzt werden, da sie Risiken wie Stürze oder zusätzliche Verwirrtheit mit sich bringen können. Wenn die Pflege zu Hause nicht mehr möglich ist, kann auch ein Umzug in eine Einrichtung neue Stabilität bringen. Das ist kein Scheitern – sondern eine Entscheidung für mehr Lebensqualität.

Lesen Sie dazu auch unseren Ratgeber

Der Ratgeber Leben mit der Diagnose Alzheimer erläutert, was auf Menschen mit Alzheimer und ihre Familien und Freunde zukommen kann. Beleuchtet werden neben medizinischen und therapeutischen Aspekten auch pflegerische, rechtliche und finanzielle Fragestellungen.
72 Seiten, 2025

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