Kisunla bringt keine Heilung der Erkrankung, sondern kann den Verlauf um einige Monate verzögern. Bei der Behandlung traten in den Zulassungsstudien bei knapp 37 Prozent der Probandinnen und Probanden Hirnschwellungen und Hirnblutungen auf, überwiegend mit einem leichten Verlauf. In drei Fällen haben diese Nebenwirkungen allerdings zum Tod geführt. Der EMA-Ausschuss kommt zu dem Schluss, dass das Risiko für Nebenwirkungen zu hoch ist im Verhältnis zur geringen Wirkung.
Die Entscheidung des CHMP kam überraschend. Im Januar hatte sich der Ausschuss noch für eine Zulassung des Wirkstoffes Lecanemab (Handelsname Leqembi) ausgesprochen, der ein ähnliches Verhältnis von Wirkung und Nebenwirkung hat. Bei Kisunla ist das Risiko für Nebenwirkungen zwar höher als bei Leqembi. Allerdings hat Kisunla auch eine etwas bessere Wirkung gezeigt. Sowohl Leqembi als auch Kisunla sind Antikörper, die zum Abbau der schädlichen Amyloid-beta-Ablagerungen beitragen, die charakteristisch für die Alzheimer-Krankheit sind.
Die Entscheidung über die Zulassung eines neuen Medikamentes liegt letztendlich bei der Europäischen Kommission. Während eine Zulassung von Leqembi immer noch möglich ist, ist es mit der heutigen Entscheidung unwahrscheinlich, dass Kisunla bald in Deutschland erhältlich sein wird.
Eine Kisunla-Behandlung wäre nur für eine kleine Gruppe von Erkrankten in Frage gekommen. Bei Patientinnen und Patienten in einem sehr frühen Krankheitsstadium kann der Wirkstoff den Krankheitsverlauf um einige Monate verzögern. Allerdings ist unklar, ob der Effekt für die Betroffenen selbst überhaupt spürbar ist. Trotzdem ist es bedauerlich, dass diesen Patientinnen und Patienten diese Therapieoption wahrscheinlich nicht zur Verfügung stehen wird.
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