Autofahren und Demenz
Autofahren bedeutet Freiheit – aber auch Verantwortung.
Für Menschen mit Demenzerkrankungen wie Alzheimer wird Autofahren zunehmend schwierig. Die Fahrweise wird unsicher, Reaktionen werden langsamer, die Orientierung fällt schwer.
Erste Anzeichen wie falsches Abbiegen, Probleme beim Einparken oder Verwirrung während der Fahrt sind Hinweise darauf, mit dem Fahren aufzuhören - und sollten ernst genommen werden.
Doch wie erkennt man solche Warnzeichen, und wie gelingt der Übergang in ein Leben ohne Auto? Hier erfahren Sie, was Betroffene und Angehörige tun können, um sicher und gut unterstützt weiter mobil zu bleiben.

Inhalt
Wie beeinflusst Demenz die Fahrsicherheit?
Wann sollte das Autofahren eingestellt werden?
Für Menschen mit Demenz: Warnzeichen ernst nehmen
Für Angehörige: Was können Sie tun?
Wie beeinflusst Demenz die Fahrsicherheit?
Das Gehirn ist unsere „Schaltzentrale“, die körperliche und geistige Prozesse steuert. Bei einer Demenz gehen jedoch immer mehr wichtige Verknüpfungen im Gehirn verloren. Dies beeinträchtigt grundlegende Fähigkeiten wie Orientierung, Gedächtnis und Reaktionsvermögen. Komplexe Tätigkeiten wie Autofahren werden dadurch immer schwieriger - und der Mensch hinter dem Steuer zunehmend unsicher.
Welche Fähigkeiten sind eingeschränkt?
Für sicheres Autofahren sind viele geistige Fähigkeiten erforderlich. Demenz beeinträchtigt diese Fähigkeiten nach und nach:
- Aufmerksamkeit:
Beim Fahren muss man den Verkehr im Blick behalten, Verkehrszeichen erkennen und die Geschwindigkeit anpassen. Menschen mit Demenz fällt es schwer, den Überblick zu behalten. Sie können Verkehrsregeln missachten oder andere Verkehrsteilnehmer übersehen. - Orientierung:
Menschen mit Demenz haben oft Schwierigkeiten, sich zu orientieren oder Entfernungen richtig einzuschätzen. Das kann dazu führen, dass sie falsch abbiegen und in den Gegenverkehr fahren, aber auch, dass sie gar nicht mehr wissen, wo sie sind.
- Planen und Problemlösen:
Unerwartetes im Straßenverkehr, wie Umleitungen oder Hindernisse, können Menschen mit Demenz schnell überfordern, was zu Stress und Fehlern führen kann. - Entscheidungsfähigkeit:
Im Verkehr ist es wichtig, Abstände und Geschwindigkeiten richtig einzuschätzen. Menschen mit Demenz tun sich damit oft schwerer, was gefährliche Situationen verursachen kann. - Reaktionsvermögen:
Auf der Straße muss man oft blitzschnell reagieren. Nimmt das Reaktionsvermögen ab, können schnell Unfälle passieren. - Gedächtnis:
Arbeitet das Gedächnis zunehmend schlechter, können Menschen mit Demenz unterwegs vergessen, wo sie hinfahren wollten oder wie sie nach Hause kommen.

Wann sollte das Autofahren eingestellt werden?
Ob Menschen mit einer Demenzerkrankung wie Alzheimer noch sicher Auto fahren können, hängt vom jeweiligen Befund, dem Krankheitsverlauf, aber auch von der Persönlichkeit ab. Zu Beginn gelingt das Autofahren oft noch durch Routine. Mit fortschreitender Erkrankung sollte das Autofahren jedoch eingestellt werden – die Risiken für alle Beteiligten sind zu hoch.
Was regelt das Gesetz?
Wenn bei einer Alzheimer-Erkrankung die Demenz weit fortgeschritten ist und sich die Persönlichkeit deutlich verändert hat, darf man laut Gesetz nicht mehr Auto fahren. Die Straßenverkehrsbehörde kann dann eine Untersuchung in einer fachärztlichen Praxis für Psychiatrie oder Neurologie anordnen.
Unabhängig davon sollten Ärztinnen und Ärzte bei der Diagnose Demenz auch darauf hinweisen, dass die erkrankte Person damit rechnen muss, irgendwann nicht mehr fahrtauglich zu sein. Sie dürfen diese Information jedoch nicht an Dritte weitergeben, es sei denn die Patientin oder der Patient stimmt dem zu.
Für Menschen mit Demenz: Warnzeichen ernst nehmen
Wenn Sie mit einer Demenzerkrankung leben, ist es wichtig, ehrlich mit sich selbst zu sein. Manchmal sind es kleine Anzeichen, die darauf hinweisen, dass Autofahren nicht mehr sicher ist:
- Sie verfahren sich auf bekannten Strecken.
- Verkehrszeichen oder Ampeln werden übersehen.
- Kleine Unfälle, wie beim Ein- oder Ausparken, passieren häufiger.
- In ungewohnten Situationen fühlen Sie sich nervös oder verwirrt.
- Sie biegen in falsche Fahrspuren ab.
- Andere Menschen meiden es, mit Ihnen im Auto mitzufahren.
Diese Zeichen können schwer einzugestehen sein, aber sie sind wichtig - für die eigene Sicherheit und die der anderen Verkehrsteilnehmer. Bereits zu Beginn einer Demenzerkrankung können verlangsamte Reaktionen und Orientierungsprobleme das Unfallrisiko erhöhen.
Sich ehrlich mit diesen Veränderungen auseinanderzusetzen und rechtzeitig Lösungen zu finden, ist ein wichtiger Schritt – für Ihre eigene Sicherheit genauso wie die der anderen.

Für Angehörige: Was können Sie tun?
Wenn Sie den Eindruck haben, jemand ist nicht mehr in der Lage, sicher Auto zu fahren, sollten Sie das Thema möglichst nicht aufschieben, sondern in Ruhe ansprechen.
Dies ist allerdings (nicht nur bei Menschen mit Demenz) oft leichter gesagt als getan – schließlich ist Autofahren für viele ein wichtiger Teil ihrer Selbstständigkeit. Verständlich, dass beim Gedanken, dies aufzugeben, Widerstand aufkommen kann.
Mit folgenden Tipps können Sie das Gespräch über das Autofahren einfühlsam und respektvoll führen:
- Beobachtungen teilen: Beschreiben Sie konkret, was Ihnen aufgefallen ist, zum Beispiel: „Mir ist aufgefallen, dass du dich beim Abbiegen unsicher fühlst.“
- Einfühlsam sein: Formulieren Sie Ihre Sorgen respektvoll, zum Beispiel „Ich mache mir Gedanken um deine Sicherheit und möchte gemeinsam mit dir eine Lösung finden.“
- Alternativen aufzeigen: Unterstützen Sie bei der Nutzung von Fahrdiensten, öffentlichen Verkehrsmitteln oder schauen Sie nach Mitfahrgelegenheiten, zum Beispiel auch in der Familie oder Nachbarschaft.
- Zeit lassen: Drängen Sie nicht auf eine sofortige Entscheidung. Oft braucht es mehrere Gespräche, um eine Lösung zu finden.
Erstaunlich oft haben die Erkrankten auch schon selbst gemerkt, dass sie unsicherer fahren und empfinden das Gespräch als Erleichterung. In diesen Fällen wird Unterstützung oft dankbar angenommen.

Was tun, wenn Einsicht fehlt?
Menschen mit Demenz bemerken manchmal ihre eigenen Probleme beim Autofahren nicht, leugnen sie oder können sich schlichtweg nicht erinnern – dies ist keine Absicht, kann aber für die Angehörigen äußerst frustrierend sein.
Was also tun, wenn bei den Erkrankten die Einsicht fehlt?
- Sprechen Sie mit ärztlichen Fachkräften, zum Beispiel in der neurologischen Praxis, ob diese eine objektive Beurteilung geben und das Gespräch führen. Oft reagieren Erkrankte einsichtiger, wenn Ratschläge von Autoritätspersonen kommen.
- Lassen Sie die Fahrtauglichkeit überprüfen. ADAC und TüV bieten deutschlandweit Fahreignungstests (mit dem eigenen Auto) an.
Wenn Sie mit keiner Maßnahme weiterkommen, und das Fahren zu gefährlich wird, parken Sie das Auto an einem unzugänglichen Ort und/oder greifen Sie zu kleinen Notlügen, wie dass „der Schlüssel verlorengegangen“ oder „das Auto länger in der Werkstatt“ ist.
Ohne Auto leben – so kann der Übergang gelingen
Der Übergang zu einem autofreien Leben erfordert Geduld und Planung. Hier sind einige Tipps, um den Wechsel zu erleichtern:
- Frühzeitig Alternativen ausprobieren: Überlegen Sie, welche Fahrten häufig mit dem Auto unternommen werden und testen Sie gemeinsam Alternativen, wie Fahrdienste oder öffentliche Verkehrsmittel.
- Positives betonen: Heben Sie die Vorteile hervor, zum Beispiel weniger Stress und keine Parkplatzsuche.
- Emotionale Unterstützung bieten: Zeigen Sie Verständnis für den Verlust von Unabhängigkeit und helfen Sie, neue Routinen zu finden.
- Dienstleistungen nach Hause holen: Lebensmittel- und Medikamentenlieferungen können viele Fahrten ersetzen. Auch Friseursalons oder andere Dienstleister bieten häufig Hausbesuche an.
Oft hilft es, etwas im Tausch gegen den Autoschlüssel anzubieten, zum Beispiel, dass man sich selbst bereit erklärt, gewisse Fahrten zu übernehmen oder diese zu organisieren. In ländlichen Regionen kann auch ein frühzeitiger Umzug in eine zentralere Lage eine Möglichkeit sein.

Digitale Möglichkeiten für den Alltag ohne Auto
Einkäufe und Medikamente liefern lassen, per Video telefonieren, Essen bestellen, Arzttermine vereinbaren, Bankgeschäfte erledigen - es gibt viele digitale Möglichkeiten, die Autofahrten überflüssig machen und das Leben sogar bereichern können.
Wichtig ist, sich rechtzeitig mit digitalen Geräten und Apps vertraut zu machen und Berührungsängste abzubauen. Für Angehörige bedeutet das, Angebote vorzustellen und gemeinsam auszuprobieren - von der Fahrplan-App für den Bus bis zur Einrichtung des Online-Bankings.
Gerade bei Demenz können auch Tracking-Tools wie Smartwatch und Co. Sicherheit bieten. Allerdings muss die erkrankte Person der Nutzung unbedingt zustimmen.
Trotz aller Möglichkeiten ist und bleibt der Verzicht auf das Autofahren ein großer Schritt - sowohl für den Menschen mit Demenz als auch für die Angehörigen. Mit sensibler Kommunikation, sorgfältiger Planung und digitalen Möglichkeiten kann der Übergang gelingen, ohne die Lebensqualität zu beeinträchtigen. Dabei steht die Sicherheit immer an erster Stelle.
Lesen Sie dazu auch unsere Broschüre
Die Broschüre Sicher Auto fahren im Alter - Ein Ratgeber für Senioren gibt Tipps für sicheres Fahren im Alter und zeigt Möglichkeiten auf, auch ohne Auto mobil zu bleiben. Für die schwierige Situation, dass einem Betroffenen das Autofahren untersagt werden muss, bietet die Broschüre ebenfalls Tipps. Die Neuauflage wurde um das Kapitel „Rechtliche Hinweise“ erweitert.
32 Seiten, 2013