Demenz durch Kopfverletzungen

Chronisch traumatische Enzephalopatie (CTE)

Die Chronisch Traumatische Enzephalopathie (CTE) ist eine seltene Form der Demenz, die durch wiederholte Kopfverletzungen entsteht.

Erstmals beschrieben wurde die CTE in den 1920er Jahren in den USA bei Boxern als Punch-Drunk-Syndrom. Gebräuchlich sind daher teilweise noch Bezeichnungen wie Dementia pugilistica („Boxer-Demenz“) oder Boxer-Krankheit.

Zu den Symptomen der Chronisch Traumatischen Enzephalopathie gehören kognitive und motorische Störungen sowie Verhaltens- und Persönlichkeitsveränderungen.

Worin liegen die Ursachen für CTE?

Wichtigste Ursache für eine Chronische Traumatische Enzephalopahtie sind wiederholte Kopfverletzungen über einen längeren Zeitraum, die zu einer Einschränkung der Hirnfunktion führen können. 

Schläge und Stürze sind oft die Ursache

Besonders gefährdet sind dabei Sportlerinnen und Sportler, die Kontaktsportarten ausüben, also Sportarten, bei denen es häufig zu Schlägen oder Stürzen kommt. Typisch hierfür sind American Football, Rugby, Boxen oder Eishockey. Auch Kopfverletzungen durch einen Sturz mit dem Fahrrad oder einen Verkehrsunfall können das Erkrankungsrisiko erhöhen.

In Folge der Kopfverletzungen kann zu einem späteren Zeitpunkt eine Demenz entstehen. Als besonders gefährlich gelten dabei wiederholte Einwirkungen auf den Kopf, die im Einzelfall nicht unbedingt gravierend sein müssen. Auch leichte Kopfverletzungen, die nicht zu einer Gehirnerschütterung führen, können bleibende Schäden im Gehirn auslösen.

Beschädigte Nervenzellen setzen Tau-Proteine frei

Bei einer Kopfverletzung wird das Gehirn durch die schnelle Beschleunigungsbewegung des Kopfes gegen die Schädelknochen gepresst. Dabei können empfindliche Fortsätze der Nervenzellen im Gehirn geschädigt werden. Diese Fortsätze, auch Axone genannt, leiten Impulse an andere Nervenzellen weiter und sorgen so für die Verarbeitung von Informationen im Gehirn.

Werden diese Axone geschädigt, wird das so genannte Tau-Protein freigesetzt, das zu schädlichen Ablagerungen verklumpt. Diese Tau-Ablagerungen setzen einen Prozess in Gang, der zu einem allmählichen Absterben der Nervenzellen führen kann. Bis erste Symptome einer CTE auftreten, kann es Jahre dauern.

Auslöser für CTE noch nicht komplett erforscht

Neben Kopfverletzungen könnten auch genetische Risikofaktoren bei der Entstehung der Chronisch Traumatischen Enzephalopathie eine Rolle spielen.

Ein Gen namens Apolipoprotein E4 (ApoE4) wird in diesem Zusammenhang besonders untersucht. Es steigert auch das Risiko, an Alzheimer zu erkranken. Die genauen Ursachen für eine CTE müssen noch weiter erforscht werden. Es ist zum Beispiel noch nicht vollständig geklärt, warum manche Menschen mit wiederholten Kopfverletzungen diese neurodegenerative Erkrankung bekommen und andere nicht.

Symptome und Verlauf

Symptome und Verlauf der Chronisch Traumatischen Enzephalopathie können sehr unterschiedlich sein. Die Entwicklung hängt davon ab, welche Hirnregionen besonders vom Absterben der Nervenzellen betroffen sind.

Die Krankheitszeichen ähneln denen anderer neurodegenerativer Erkrankungen wie Alzheimer, Frontotemporaler Demenz und Parkinson. Patientinnen und Patienten können psychische, motorische und geistige Störungen entwickeln.

Manche Erkrankte leiden eher unter Verhaltensauffälligkeiten und psychischen Problemen, bei anderen stehen die kognitiven Defizite im Vordergrund. Oft treten Störungen in allen Bereichen auf.

Auch wenn der Verlauf individuell sehr unterschiedlich ist, kann man grob zwischen vier Krankheitsphasen unterscheiden:

  • Phase 1: Eine CTE beginnt mit Symptomen, die zunächst oft nicht mit einer beginnenden Demenz in Verbindung gebracht werden, wie leichte Gedächtnis- und Aufmerksamkeitsprobleme, Kopfschmerzen und leichte depressive Verstimmungen.
  • Phase 2: Mit der Zeit verschlechtert sich der Zustand und wird zunehmend zur psychischen Belastung. Typisch für die zweite Phase sind starke Stimmungsausbrüche, Verhaltensauffälligkeiten sowie schwere depressive Symptome.
  • Phase 3: Kognitive Probleme nehmen deutlich zu. Zudem treten weitere Symptome auf, wie die Verschlechterung des Kurzzeitgedächtnisses, Probleme beim Planen, Organisieren und Handeln, Störungen der visuellen und räumlichen Wahrnehmung sowie Apathie.
  • Phase 4: Starke dementielle Symptome und Gedächtnisverlust treten auf. Auch die motorischen Defizite nehmen zu. Patientinnen und Patienten zeigen Sprachstörungen und psychotische Symptome einschließlich Paranoia. In Phase 4 ist eine Alltagsbewältigung allein nicht mehr möglich.

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Wie wird CTE diagnostiziert?

Die Diagnose einer CTE ist noch schwierig. Es gibt keinen Biomarker, mit dem man die Chronisch Traumatische Enzephalopathie zweifelsfrei nachweisen kann, also zum Beispiel einen bestimmten Blutwert oder ein verändertes Gewebe. Zweifelsfrei kann die Erkrankung erst nach dem Tod durch eine Untersuchung des Gehirns festgestellt werden.

Kriterien für eine Diagnose zu Lebzeiten sind zunächst eine oder mehrere Schädel-Hirn-Traumata in der Vergangenheit und neurologische Probleme. Die Ärztin oder der Arzt untersucht, ob die neurologischen Probleme andere Ursachen haben können.

  • Durch eine Magnetresonanztomographie (MRT) können Schädigungen des Gehirns nachgewiesen werden. 
  • Neuropsycholgische Tests für Gedächtnis, Aufmerksamkeit und komplexere Hirnfunktionen geben Aufschluss über Art und Schwere der geistigen Defizite.
  • Auch eine Untersuchung der Rückenmarksflüssigkeit (Liquor) auf bestimmte Proteine kann einen Hinweis auf die Erkrankung geben. Dies Untersuchung gehört aber noch nicht zur Standarddiagnostik.
  • In einer Zusammenschau der Symptome und Untersuchungsergebnisse kann dann eine CTE diagnostiziert werden.

An anderen Möglichkeiten zur Diagnose einer CTE, zum Beispiel mithilfe des bildgebenden Verfahrens Positronen-Emissionen-Tomographie (PET), wird zurzeit geforscht.

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?

Die Chronisch Traumatische Enzephalopathie ist nicht heilbar. Durch medikamentöse und nicht-medikamentöse Therapien können aber die Symptome gelindert werden.

Medikamentöse Behandlung

Es gibt keine Medikamente, die eigens für die Krankheit zugelassen sind. Die Symptome können mit unterschiedlichen Medikamenten behandelt werden. Das kann den Verlauf der Erkrankung verzögern und die Lebensqualität verbessern.

  • Zur Behandlung von kognitiven Störungen können Alzheimer-Medikamente wie Galantamin, Donezepil und Rivastigmin eingesetzt werden.
  • Antidepressiva können bei Depressionen helfen. Deren Einnahme sollte jedoch engmaschig therapeutisch begleitet werden, um mögliche Nebenwirkungen frühzeitig zu entdecken.
  • Bei motorischen Problemen können Parkinson-Medikamente helfen, wie Levodopa und Dopaminantagonisten. Die Medikamente müssen gut aufeinander abgestimmt sein, um Wechselwirkungen zu vermeiden, die die Krankheit noch verschlimmern.

Nicht-medikamentöse Behandlung

Nicht-medikamentöse Behandlungen sind sehr wichtig, um die Symptome zu mildern und die Lebensqualität der Patientinnen und Patienten zu erhöhen.

  • Bei motorischen Störungen können Ergo- und Physiotherapie helfen.
  • Logopädie kann bei Sprachproblemen zum Einsatz kommen.
  • Eine begleitende Psychotherapie kann helfen, mit den psychischen Herausforderungen umzugehen und Depressionen zu mildern.

Kopf und Gehirn vor Verletzungen schützen

Gerade weil es noch keine Therapie für die Chronisch Traumatische Enzephalopathie gibt, ist es sehr wichtig, Risikofaktoren zu vermeiden und Kopfverletzungen vorzubeugen. Bei Sport- und Freizeitaktivitäten mit erhöhter Sturzgefahr sollten Sie einen Helm tragen. Kontaktsportlerinnen und -sportler sollten bei Kopfstößen oder Gehirnerschütterungen pausieren und für ausreichend Ruhe sorgen, damit sich das Gehirn wieder regenerieren kann.

Kurz & Knapp

  • CTE kann durch wiederholte Kopfverletzungen entstehen, besonders gefährdet sind Kontaktsportlerinnen und -sportler.
  • Ähnlich wie bei Alzheimer lösen Ablagerungen von Tau-Proteinen im Gehirn die Symptome aus.
  • Die Symptome sind vielfältig, je nach betroffener Hirnregion. Häufig treten Gedächtnisstörungen, Persönlichkeitsveränderungen sowie Depressionen auf.
  • Eine eindeutige Diagnose ist erst nach dem Tod der Patientin oder des Patienten möglich.
  • Spezielle Medikamente gibt es für CTE noch nicht, eine bessere Lebensqualität kann jedoch durch nicht-medikamentöse Therapien erreicht werden.

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