Weniger als zehn Prozent aller Demenzen

Frontotemporale Demenz (FTD)

Die Frontotemporale Demenz, früher auch Morbus Pick genannt, ist eine seltene und schnell fortschreitende Demenz. Bei den Patientinnen und Patienten unter 65 Jahren ist die Frontotemporale Demenz die zweithäufigste Demenzform nach der Alzheimer-Demenz. Bei der Frontotemporalen Demenz sind die Hirnregionen hinter der Stirn und den Schläfen betroffen.

Der Begriff Frontotemporale Demenz wird umgangssprachlich für eine Gruppe von Erkrankungen verwendet, deren Hauptsymptome Veränderungen der Persönlichkeit, des Sozialverhaltens und der sprachlichen Fertigkeiten sind. Der Fachbegriff für diese Gruppe von Erkrankungen lautet Frontotemporale Lobäre Degenerationen (FTLD). Es gibt verschiedene klinische Unterformen. Insbesondere unterscheidet man zwischen der Verhaltensvariante der Frontotemporalen Demenz (behavioral FTD, bvFTD) und der Variante mit Sprachstörungen (Primäre Progressive Aphasie, PPA).

Veränderungen im Gehirn

Bei der Frontotemporalen Demenz treten im Bereich des Frontallappens (Stirnlappens) und des Temporallappens (Schläfenlappens) des Gehirns degenerative Veränderungen (Abbau von Nervenzellen) auf. Es sind sogenannte „Picksche Körper“ in den Nervenzellen zu finden, die erstmals vom Prager Neurologen Arnold Pick zu Beginn des 20. Jahrhunderts beschrieben wurden. Es handelt sich hierbei um kugelförmige krankhafte Einschlüsse verschiedener Eiweiße. Die betroffenen Bereiche im Gehirn regulieren unter anderem die Emotionen und das Sozialverhalten.

Was genau diese Veränderungen in Gang setzt, ist bisher weitgehend unbekannt. In einigen Fällen wird die Frontotemporale Demenz durch Veränderungen im Erbgut ausgelöst. Deshalb wird ein wiederkehrendes Auftreten der Erkrankung innerhalb einer Familie beobachtet. Auch Stoffwechselerkrankungen werden als Risikofaktor diskutiert. 

Symptome und Verlauf

Verlauf und Symptome dieser Demenzformen unterscheiden sich von der Alzheimer-Erkrankung oder der Vaskulären Demenz. Da die Frontotemporale Demenz in mehreren Varianten vorkommt, ist jede Form mit unterschiedlichen Symptomen verbunden, vor allem zu Beginn der Krankheit. Deshalb ist es bei dieser Form der Demenz besonders herausfordernd für Angehörige zu verstehen, worunter die betroffene Person leidet.

Verhaltens-Variante der Frontotemporalen Demenz (bvFTD)

Bei der Verhaltens-Variante der Frontotemporalen Demenz (bvFTD) verändern sich zunächst vor allem die Persönlichkeit und das Verhalten der Patientin oder des Patienten.

Betroffene zeigen häufig ein herausforderndes Sozialverhalten, zum Beispiel: 

  • Persönlichkeitsveränderungen, Empathieverlust
  • Enthemmung, auch in sexueller Hinsicht
  • Apathie
  • Aggressives und unangemessenes Verhalten
  • Zwanghafte, rituelle Verhaltensweisen
  • Heißhunger und maßlose Ernährung

Durch impulsives Handeln entstehen häufig neue, manchmal kriminelle Verhaltensweisen, wie beispielsweise Diebstahl, Fahrerflucht oder Urinieren in der Öffentlichkeit. Die niedrigeren Hemmschwellen resultieren oft in Fehlentscheidungen, die zu finanziellen Schwierigkeiten führen können. Die Apathie kann dazu führen, dass Betroffene vermindertes Interesse an Arbeit, Hobbys, sozialen Interaktionen und Hygiene haben können. Dies wird häufig mit Depressionen verwechselt. Patientinnen und Patienten können außerdem zwanghafte Verhaltensweisen entwickeln. Dies äußert sich in wiederholenden Bewegungen oder wiederholter Verwendung einiger Sätze. Auch unkontrolliertes Essen oder übermäßiger Alkoholkonsum können auftreten.

Primär Progressive Aphasie (PPA)

Bei Erkrankten mit einer Primär Progressiven Aphasie (PPA) sind vor allem die Sprache und das Sprachverständnis gestört. Das früheste Symptom ist oft ein schlechtes Verständnis von eher selten verwendeten Wörtern.

Die wichtigsten Symptome sind:

  • Wortfindungsstörungen
  • Wortdeutungsschwierigkeiten
  • Benennstörungen
  • Schwierigkeiten beim Nachsprechen
  • Beeinträchtigtes Objektwissen

Bei einer Primär Progressiven Aphasie fällt das fließende und fehlerlose Sprechen zunehmend schwer. Die Sprache ist von langen Pausen und Wortfindungsstörungen gekennzeichnet. Patientinnen und Patienten können zwar flüssig sprechen, aber sie verstehen die Bedeutung von Wörtern immer weniger. Der Wortschatz wird stetig kleiner und es treten Wortfindungsstörungen auf. Im Krankheitsverlauf erkennen sie auch bekannte Gesichter oder vertraute Dinge immer weniger.

Lesen Sie dazu auch unseren Ratgeber

Der Ratgeber Die Alzheimer-Krankheit und andere Demenzen beleuchtet neben der Alzheimer-Krankheit auch die vaskuläre Demenz, die Lewy-Körperchen-Demenz, die Frontotemporale Demenz und die Demenz bei Parkinson.
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Welche Risikofaktoren gibt es?

In einigen Fällen wird die Frontotemporale Demenz durch Veränderungen im Erbgut ausgelöst. Deshalb wird ein wiederkehrendes Auftreten der Erkrankung innerhalb einer Familie in ca. 40% der Fälle beobachtet und in 10% der Fälle kann eine genetische Ursache nachgewiesen werden. Auch Stoffwechselerkrankungen gelten als ein Risikofaktor für das Entstehen von Demenzen. Weitere Risikofaktoren sind bislang nicht bekannt.

Wie wird Frontotemporale Demenz diagnostiziert?

Die Frontotemporale Demenz wird häufig nicht sofort erkannt, weil die Symptome zunächst eher auf eine psychische Erkrankung wie eine Depression, Manie oder Schizophrenie hinweisen. Im fortgeschrittenen Krankheitsverlauf lässt sich die FTD nur schwierig von einer Alzheimer-Demenz unterscheiden. Die Ärztin oder der Arzt erfragt die Krankengeschichte und überprüft die Gedächtnisleistung der erkrankten Person. Wenn möglich, schildern Angehörige die Persönlichkeitsveränderungen der oder des Erkrankten.

Zusätzlich kommen bildgebende Verfahren zum Einsatz. Mit einer Computertomographie (CT) oder einer Kernspintomografie, auch Magnetresonanztomographie (MRT) genannt, kann festgestellt werden, ob sich Schläfen- oder Stirnlappen verändert haben. Eine Positronen-Emissions-Tomografie (PET) zeigt typische Stoffwechselveränderungen, die zur Diagnosesicherung beitragen. Leiden Blutsverwandte unter einer Frontotemporalen Demenz, so können Gentests bei dem Patienten oder der Patientin sicherstellen, ob Gene eine Ursache für die Erkrankung sind. Liegt keine Gen-Mutation vor, kann eine sichere Diagnose häufig erst nach dem Tod festgestellt werden.

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?

Die Frontotemporale Demenz ist bisher nicht heilbar und es gibt keine Medikamente, die den Krankheitsverlauf verlangsamen. Alzheimer-Medikamente wirken bei der Frontotemporalen Demenz nicht.

Medikamentöse Behandlung

Die medikamentöse Behandlung zielt daher auf das Mildern der Verhaltensauffälligkeiten. Bei ausgeprägter Unruhe und Aggressivität werden deshalb Beruhigungsmittel, aber auch Neuroleptika eingesetzt. Auch Antidepressiva können Symptome wie abweichendes Essverhalten lindern, beziehungsweise antriebssteigernd wirken.

Nicht-medikamentöse Behandlung

Durch nicht-medikamentöse Therapieformen können einige Symptome der Patienten und Patientinnen gemildert werden. Betroffene, die sich besonders aggressiv und uneinsichtig verhalten, können von leichten körperlichen Aktivitäten profitieren, wie einer Wanderung in der Natur. Auch ein ruhigeres Umfeld mit wenig Ablenkung, zum Beispiel durch TV oder Radio kann zur Entspannung beitragen. 

Zieht sich die erkrankte Person zurück, so kann mit Aktivitätstraining geholfen werden, zum Beispiel mit Spaziergängen oder dem Hören von Musik. Mit Kunst und Tanz kann mit kreativen Elementen auf gefühlsorientierter Ebene geholfen werden. Patientinnen und Patienten mit Sprachdefiziten können von Logopädie profitieren.

Kurz & Knapp

  • Die Frontotemporale Demenz beginnt meist zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr.
  • Da sich Verhalten und Persönlichkeit der Betroffenen ändern, wird oftmals zunächst eine psychische Erkrankung vermutet.
  • Die Frontotemporale Demenz ist bislang nicht heilbar. Nicht-medikamentöse Therapien können die Beschwerden verringern.

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