Frontotemporale Demenz (FTD)
Die Frontotemporale Demenz, früher auch Morbus Pick genannt, ist eine seltene und schnell fortschreitende Demenzerkrankung. Bei Menschen unter 65 Jahren ist die Frontotemporale Demenz nach der Alzheimer-Demenz die zweithäufigste Demenzerkrankung. Bei der Frontotemporalen Demenz sind die Hirnregionen hinter der Stirn und den Schläfen betroffen.
Der Begriff Frontotemporale Demenz wird umgangssprachlich für eine Gruppe von Erkrankungen verwendet, deren Hauptsymptome Veränderungen der Persönlichkeit, des Sozialverhaltens und der sprachlichen Fähigkeiten sind. Der Fachbegriff für diese Gruppe von Erkrankungen ist Frontotemporale Lobäre Degenerationen (FTLD). Es gibt mehrere klinische Unterformen. Insbesondere unterscheidet man die Verhaltensvariante der Frontotemporalen Demenz (behavioral FTD, bvFTD) und die Variante mit Sprachstörungen (Primäre Progressive Aphasie, PPA).

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Veränderungen im Gehirn
Bei der Frontotemporalen Demenz treten im Bereich des Frontallappens (Stirnlappens) und des Temporallappens (Schläfenlappens) des Gehirns degenerative Veränderungen (Abbau von Nervenzellen) auf. In den Nervenzellen sind sogenannte „Picksche Körper“ zu finden, die erstmals von dem Prager Neurologen Arnold Pick Anfang des 20. Jahrhunderts beschrieben wurden. Dabei handelt es sich um kugelförmige, krankhafte Einschlüsse verschiedener Eiweiße. Die betroffenen Hirnareale regulieren unter anderem die Gefühle und das Sozialverhalten.
Was genau diese Veränderungen auslöst, ist noch weitgehend unbekannt. In einigen Fällen wird die Frontotemporale Demenz durch Veränderungen im Erbgut ausgelöst. Daher wird ein wiederkehrendes Auftreten der Krankheit innerhalb einer Familie beobachtet. Auch Stoffwechselerkrankungen werden als Risikofaktor diskutiert.
Symptome und Verlauf
Verlauf und Symptome dieser Demenzformen unterscheiden sich von der Alzheimer-Erkrankung oder der Vaskulären Demenz. Da die Frontotemporale Demenz in mehreren Varianten vorkommt, ist jede Form mit unterschiedlichen Symptomen verbunden, vor allem zu Beginn der Krankheit. Deshalb ist es bei dieser Form der Demenz besonders herausfordernd für Angehörige zu verstehen, worunter die betroffene Person leidet.

Verhaltensvariante der Frontotemporalen Demenz (bvFTD)
Bei der Verhaltensvariante der Frontotemporalen Demenz (bvFTD) verändern sich zunächst vor allem die Persönlichkeit und das Verhalten der Patientin oder des Patienten.
Die Betroffenen zeigen häufig ein herausforderndes Sozialverhalten, zum Beispiel:
- Persönlichkeitsveränderungen, Empathieverlust
- Enthemmung, auch sexuell
- Apathie
- Aggressives und unangemessenes Verhalten
- Zwanghafte, rituelle Verhaltensweisen
- Heißhunger und übermäßiges Essen
Durch impulsives Handeln entstehen häufig neue, zum Teil kriminelle Verhaltensweisen, wie beispielsweise Diebstahl, Fahrerflucht oder Urinieren in der Öffentlichkeit. Die herabgesetzte Hemmschwelle führt oft zu Fehlentscheidungen, die zu finanziellen Schwierigkeiten führen können. Die Apathie kann zu einem verminderten Interesse an Arbeit, Hobbys, sozialen Interaktionen und Hygiene führen. Dies wird häufig mit Depressionen verwechselt. Es kann auch zu zwanghaftem Verhalten kommen. Dies äußert sich in wiederholenden Bewegungen oder der Wiederholung bestimmter Sätze. Auch unkontrolliertes Essen oder übermäßiger Alkoholkonsum können auftreten.
Primär Progressive Aphasie (PPA)
Bei Erkrankten mit einer Primär Progressiven Aphasie (PPA) sind vor allem das Sprechen und das Sprachverständnis gestört. Das erste Symptom ist oft ein schlechtes Verständnis von eher selten verwendeten Wörtern.
Die wichtigsten Symptome sind:
- Wortfindungsstörungen
- Wortdeutungsschwierigkeiten
- Benennstörungen
- Schwierigkeiten beim Nachsprechen
- Beeinträchtigtes Objektwissen
Bei einer Primär Progressiven Aphasie wird es zunehmend schwieriger, flüssig und fehlerfrei zu sprechen. Das Sprechen ist durch lange Pausen und Wortfindungsstörungen gekennzeichnet. Die Patientinnen und Patienten können zwar flüssig sprechen, verstehen aber die Bedeutung von Wörtern immer weniger. Der Wortschatz wird immer kleiner und es treten Wortfindungsstörungen auf. Im Verlauf der Krankheit erkennen sie auch bekannte Gesichter oder Gegenstände immer weniger.

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Der Ratgeber Die Alzheimer-Krankheit und andere Demenzen beleuchtet neben der Alzheimer-Krankheit auch die vaskuläre Demenz, die Lewy-Körperchen-Demenz, die Frontotemporale Demenz und die Demenz bei Parkinson.
56 Seiten, 2023
Welche Risikofaktoren gibt es?
In einigen Fällen wird die Frontotemporale Demenz durch Veränderungen im Erbgut ausgelöst. Deshalb wird ein wiederkehrendes Auftreten der Erkrankung innerhalb einer Familie in ca. 40% der Fälle beobachtet und in 10% der Fälle kann eine genetische Ursache nachgewiesen werden. Auch Stoffwechselerkrankungen gelten als ein Risikofaktor für das Entstehen von Demenzen. Weitere Risikofaktoren sind bislang nicht bekannt.
Wie wird Frontotemporale Demenz diagnostiziert?
Die Frontotemporale Demenz wird häufig nicht sofort erkannt, weil die Symptome zunächst eher auf eine psychische Erkrankung wie eine Depression, Manie oder Schizophrenie hinweisen. Im fortgeschrittenen Krankheitsverlauf lässt sich die FTD nur schwierig von einer Alzheimer-Demenz unterscheiden. Die Ärztin oder der Arzt erfragt die Krankengeschichte und überprüft die Gedächtnisleistung der erkrankten Person. Wenn möglich, schildern Angehörige die Persönlichkeitsveränderungen der oder des Erkrankten.
Zusätzlich kommen bildgebende Verfahren zum Einsatz. Mit einer Computertomographie (CT) oder einer Kernspintomografie, auch Magnetresonanztomographie (MRT) genannt, kann festgestellt werden, ob sich Schläfen- oder Stirnlappen verändert haben. Eine Positronen-Emissions-Tomografie (PET) zeigt typische Stoffwechselveränderungen, die zur Diagnosesicherung beitragen. Leiden Blutsverwandte unter einer Frontotemporalen Demenz, so können Gentests bei dem Patienten oder der Patientin sicherstellen, ob Gene eine Ursache für die Erkrankung sind. Liegt keine Gen-Mutation vor, kann eine sichere Diagnose häufig erst nach dem Tod festgestellt werden.

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?
Die Frontotemporale Demenz ist bisher nicht heilbar und es gibt keine Medikamente, die den Krankheitsverlauf verlangsamen. Alzheimer-Medikamente wirken bei der Frontotemporalen Demenz nicht.
Medikamentöse Behandlung
Die medikamentöse Behandlung zielt daher auf das Mildern der Verhaltensauffälligkeiten. Bei ausgeprägter Unruhe und Aggressivität werden deshalb Beruhigungsmittel, aber auch Neuroleptika eingesetzt. Auch Antidepressiva können Symptome wie abweichendes Essverhalten lindern, beziehungsweise antriebssteigernd wirken.
Nicht-medikamentöse Behandlung
Durch nicht-medikamentöse Therapieformen können einige Symptome der Patienten und Patientinnen gemildert werden. Betroffene, die sich besonders aggressiv und uneinsichtig verhalten, können von leichten körperlichen Aktivitäten profitieren, wie einer Wanderung in der Natur. Auch ein ruhigeres Umfeld mit wenig Ablenkung, zum Beispiel durch TV oder Radio kann zur Entspannung beitragen.
Zieht sich die erkrankte Person zurück, so kann mit Aktivitätstraining geholfen werden, zum Beispiel mit Spaziergängen oder dem Hören von Musik. Mit Kunst und Tanz kann mit kreativen Elementen auf gefühlsorientierter Ebene geholfen werden. Patientinnen und Patienten mit Sprachdefiziten können von Logopädie profitieren.
Kurz & Knapp
- Die Frontotemporale Demenz beginnt meist zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr.
- Da sich Verhalten und Persönlichkeit der Betroffenen ändern, wird oftmals zunächst eine psychische Erkrankung vermutet.
- Die Frontotemporale Demenz ist bislang nicht heilbar. Nicht-medikamentöse Therapien können die Beschwerden verringern.