Symptome werden oft nicht erkannt

Frühdemenz: Wenn jüngere Menschen an Demenz erkranken

Demenz tritt nicht nur im Alter auf.

Auch jüngere Menschen können an Alzheimer oder anderen Formen der Demenz erkranken. Man schätzt, dass etwa 3 Prozent aller Menschen mit Demenz jünger als 65 Jahre sind.

Erfahren Sie, was Demenz in jungen Jahren von Erkrankungen im Alter unterscheidet und vor welchen besonderen Herausforderungen Betroffene und Angehörige stehen.

Frühdemenz: Was ist das?

Bei Demenz handelt es sich um Erkrankungen des Gehirns mit zunehmenden kognitiven Störungen, zum Beispiel Vergesslichkeit. Von einer Demenz in jüngeren Jahren spricht man, wenn die ersten Symptome vor dem 65. Lebensjahr auftreten.

Dazu gehören:

Weitere mögliche Symptome: Wahnvorstellungen, Erregung, Depression, Apathie, Schlafstörungen, motorische Probleme.

Grundsätzlich können alle Demenzformen auch in jüngeren Jahren auftreten. Am häufigsten sind die Alzheimer-Krankheit, die etwa ein Drittel aller Erkrankten betrifft, die Vaskuläre Demenz und die Lewy-Körperchen-Demenz

Mehr Informationen zu den einzelnen Formen der Demenz und ihrer Symptome - hier.

    Besonderheiten bei Demenz in jüngeren Jahren

    Demenzerkrankungen in jüngeren Jahren haben einige Besonderheiten:

    • Menschen unter 65 Jahren sind häufiger von Demenzformen betroffen, die sich auf das Verhalten und die Persönlichkeit auswirken, wie zum Beispiel Frontotemporale Demenz. So kommen bei den Erkrankten verhaltensbezogene Symptome häufiger, und Gedächtnisprobleme seltener vor.
    • Vererbte Demenzerkrankungen, zum Beispiel die familiäre Alzheimer-Form treten in jüngeren Jahren häufiger auf.
    • Jüngere Erkrankte erleben den krankheitsbedingten Verlust des gewohnten Lebens durch die Erkrankung besonders belastend, starke Gefühle von Hilflosigkeit erzeugen mehr psychischen Stress als bei älteren Erkrankten.

    Studie untersucht Risikofaktoren für frühe Demenz

    Obwohl die allererste Alzheimer-Patientin im Jahr 1901 erst 51 Jahre alt war und bis heute weltweit jährlich etwa 370.000 neue Fälle von Demenz im frühen Lebensalter auftreten, gibt es derzeit noch relativ wenig Forschung zu diesem Thema.

    Ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem besseren Verständnis der Prävention von frühen Demenzerkrankungen ist eine Studie aus dem Jahr 2023, in der wissenschaftliche Teams der Universitäten Exeter und Maastricht eine Reihe von Faktoren identifizierten, die das Risiko einer frühen Erkrankung signifikant erhöhen - darunter:

    • Orthostatische Hypotonie (plötzlicher Blutdruckabfall beim Aufstehen)
    • Depression
    • Alkoholmissbrauch
    • Schlaganfall
    • genetische Risikofaktoren
    • Diabetes
    • Herzerkrankung
    • Vitamin-D-Mangel
    • Schwerhörigkeit
    • soziale Isolation

    Deutlich wird: Nicht nur die körperliche, sondern auch die psychische Gesundheit spielt eine wichtige Rolle bei der Prävention von Demenzerkrankungen. Einsamkeit und chronischer Stress sollten vermieden und psychische Erkrankungen wie Depressionen ebenso ernst genommen und behandelt werden wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Diabetes.

    Frühe Demenzen bleiben zunächst oft unerkannt

    Obwohl sich die Symptome nicht wesentlich von denen einer Demenz im höheren Lebensalter unterscheiden, bleiben frühe Demenzen oft zunächst unerkannt. So kommt es vor, dass jüngere Demenzkranke erst Jahre nach Auftreten der ersten Symptome richtig diagnostiziert und behandelt werden können. 

    Verschiedene Faktoren spielen dabei eine Rolle:

    • Demenz wird oft mit Vergesslichkeit gleichgesetzt. Weniger bekannte Demenzsymptome, wie Stimmungsschwankungen, Sprachprobleme oder Reizbarkeit werden nicht als solche wahrgenommen.
    • In jungen Jahren wird eine Demenz nicht vermutet. Selbst Ärztinnen und Ärzte führen Symptome wie Vergesslichkeit oder auffälliges Verhalten häufig zunächst auf Depressionen, Burnout, Stress oder Beziehungsprobleme zurück.
    • Jüngere Menschen mit Demenz kommen erst gar nicht in die ärztliche Praxis – sei es, weil sie sich „nicht krank“ fühlen, sei es, weil sie aus Angst vor der Diagnose das Arztgespräch meiden.

    Betroffene und Angehörige sollten daher auffällige Wesensveränderungen, Sprachprobleme oder psychische Beeinträchtigungen immer ernst nehmen und ärztlich abklären lassen. Zwar sind Demenzerkrankungen wie Alzheimer nicht heilbar, es können jedoch wichtige Therapieschritte zur Verbesserung der Lebensqualität eingeleitet werden.

    Es kann zwei bis vier Jahre dauern, bis jemand zum Facharzt kommt und die entsprechenden Untersuchungen gemacht werden. Mit 55 oder 60 Jahren denkt man bei Vergesslichkeit nicht unbedingt an Demenz.

    Dr. Michael Lorrain, Nervenarzt und Vorsitzender Alzheimer Forschung Initiative e.V.

    Wie werden Demenzerkrankungen diagnostiziert?

    Je früher eine Demenzerkrankung erkannt wird, desto größer sind die Chancen, den Krankheitsverlauf zu verzögern, Symptome zu lindern und die Lebensqualität der oder des Betroffenen zu verbessern. 

    Erste Anlaufstelle für die Diagnosestellung ist die Hausarztpraxis. Von dort erfolgt bei Bedarf die Überweisung an eine an eine neurologische oder psychiatrische Facharztpraxis oder an eine Gedächtnisambulanz.

    In ausführlichen Gesprächen, mit Laboruntersuchungen, psychometrischen Tests und mittels bildgebenden Verfahren wird hier geklärt, was hinter den Symptomen steckt. Da Demenzsymptome grundsätzlich auch auf heilbare Grunderkrankungen zurückzuführen sein können, werden diese ebenfalls eingehend abgeklärt.

    Datenbank Gedächtnisambulanzen

    Gedächtnisambulanzen oder Gedächtnissprechstunden sind Abteilungen in Krankenhäusern, die auf die Diagnose und Behandlung kognitiver Störungen spezialisiert sind. In unserer Datenbank können Sie kostenlos nach Gedächtnissprechstunden in Ihrer Nähe suchen.
    Zur Datenbank

    Behandlung von Demenz in jungen Jahren

    Demenzerkrankungen können und sollen in jedem Lebensalter behandelt werden. Die Behandlungsziele richten sich dabei vor allem auf den Erhalt von kognitiven Fähigkeiten, der Linderung von Verhaltensstörungen und die Verbesserung der Lebensqualität. 

    Die beiden wichtigsten Säulen der Demenztherapie sind:

    • Medikamentöse Therapie: Medikamente werden in der Demenztherapie vorrangig eingesetzt, um Symptome zu lindern und Begleiterkrankungen zu behandeln.
    • Nicht-medikamentöse Therapie: Behandlungsformen wie Verhaltenstherapie, Physiotherapie oder Gedächtnistraining ergänzen die medikamentöse Therapie. Sie können den Betroffenen helfen, so lange wie möglich am Leben teilzunehmen, ihre Stimmung zu verbessern und herausforderndes Verhalten zu reduzieren.

    Mehr zu nicht-medikamentösen Therapien bei Demenzerkrankungen.

    Leben mit Frühdemenz - besondere Herausforderungen

    Die Diagnose Demenz ist für jeden Betroffenen ein Schock. Für Jüngere, die mitten im Leben stehen, ist die Diagnose jedoch oft noch belastender als für ältere Erkrankte. Sie müssen sich nicht nur mit der einer unheilbaren, fortschreitenden Krankheit, sondern auch mit den damit verbundenen Veränderungen auseinandersetzen.

    Zu den besonderen Herauforderungen junger Demenzkranker gehören:

    • Die Akzeptanz der Diagnose: Demenzerkrankungen sind für junge Betroffene schwer zu akzeptieren. Sie schämen sich, wollen es nicht wahrhaben und glauben, es müsse eine Heilung geben. Oft tun sie vor anderen so, als sei alles in Ordnung, was die Belastung jedoch nur erhöht.
    • Der Verlust des „alten Lebens“: Die eigenen Finanzen regeln, Kinder oder Eltern zu betreuen, Verantwortung im Beruf übernehmen - das bisherige Leben aufgeben zu müssen, ist für junge Demenzkranke oft nur sehr schwierig zu bewältigen.  
    • Die Auswirkungen auf die Familie: Familien von jungen Erkrankten müssen akzeptieren, dass sich mit der Diagnose die gesamte Lebenssituation verändert. Besonders hart für Partner ist der schleichende Verlust von Gemeinsamkeiten, von Erinnerungen, von der Möglichkeit, gemeinsame Sorgen zu teilen. Zwar ist der Mensch noch da, doch das alte Gegenüber geht verloren. 
    • Stigmatisierung im Alltag: Menschen mit Demenz erkennt man nicht auf den ersten Blick. Oft werden sie als vergesslich, verwirrt oder betrunken wahrgenommen - und Fremde reagieren entsprechend ablehnend, auch weil sie sich nicht vorstellen können, dass ein junger Mensch an Demenz erkrankt ist. Die Folge: Angst, Scham und nicht selten häuslicher Rückzug.

    Es fehlen passende Betreuungs- und Pflegeangebote

    Problematisch ist auch, dass die meisten Pflege- und Betreuungsangebote nicht auf die Bedürfnisse von jüngeren Menschen mit Demenz ausgerichtet sind. 

    Gerade wenn das Zusammenleben im gewohnten Zuhause nicht mehr möglich ist, sind sie oft gezwungen in Pflegeheime umzuziehen, in denen alles auf ältere Seniorinnen und Senioren ausgerichtet ist. Das beginnt bei der Gestaltung und Ausstattung der Räume über den Tagesablauf bis hin zum Angebot an sozialen und sportlichen Aktivitäten.

    Hinzu kommt, dass den Jüngeren in den herkömmlichen Einrichtungen der wichtige Kontakt zu Gleichaltrigen fehlt. Die Folgen: Frustration, Vereinsamung - und damit oft auch ein beschleunigter Abbau der kognitiven Fähigkeiten.

    Um jüngere Menschen mit Demenz besser zu unterstützen, bedarf es daher in Zukunft einer stärkeren Beachtung ihrer Bedürfnisse und eines größeren Angebots an altersgerechter Betreuung zu Hause und in Pflegeeinrichtungen.

    Lesen Sie dazu auch unseren Ratgeber

    Der Ratgeber Die Alzheimer-Krankheit und andere Demenzen beleuchtet neben der Alzheimer-Krankheit auch die vaskuläre Demenz, die Lewy-Körperchen-Demenz, die frontotemporale Demenz und die Demenz bei Parkinson.
    56 Seiten, 2023

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