Kommunikation mit Demenzkranken: Tipps für Angehörige
Demenzerkrankungen wie Alzheimer beeinträchtigen nicht nur das Gedächtnis, sondern auch die Fähigkeit, zu sprechen und andere zu verstehen.
Mit der Zeit fällt es Menschen mit Demenz immer schwieriger, sich auszudrücken oder Gesprächen zu folgen. Dies kann die Kommunikation im Alltag belasten und für Angehörige herausfordernd sein.
Doch auch wenn Sprache verloren geht, bleibt Kommunikation möglich. In diesem Text erfahren Sie, warum diese Probleme auftreten und wie Sie besser mit erkrankten Menschen sprechen können.

Wie verändert sich die Sprache bei Demenz?
Sprache kann sich bei Menschen mit Demenz auf unterschiedliche Weise verändern. Welche Symptome auftreten, hängt von der betroffenen Hirnregion ab.
Typische Sprachveränderungen bei Demenz:
- Wortfindungsstörungen - Erkrankte suchen nach Wörtern oder ersetzen sie durch andere. Statt „Gabel“ sagen sie „Essding“ oder einfach „es“.
- Wiederholungen – Manche stellen immer wieder dieselbe Frage oder wiederholen Sätze.
- „Verwaschene“ Sprache - Die Aussprache wird undeutlich oder „verschwommen“.
- Verständnisprobleme – Gesagtes wird nur teilweise oder gar nicht mehr erfasst.
- Satzabbrüche - Gedanken bleiben unvollständig, Gespräche verlieren den Zusammenhang oder führen ins Leere.
- Abnehmende Lese- und Schreibfähigkeiten – Das Erfassen von Texten oder das Schreiben von Wörtern wird schwieriger.
- Wechsel in eine frühere Muttersprache - Manche Menschen sprechen plötzlich in einer Sprache, die sie in der Kindheit gelernt haben.
Mit der Zeit fällt es Erkrankten schwerer, Gesprächen zu folgen. Durch eine veränderte Wahrnehmung leben sie zudem immer mehr in ihrer eigenen Welt, was den Kontakt zu Angehörigen weiter erschwert.

Validation – der wichtigste Baustein der Kommunikation
Menschen mit Demenz leben zunehmend in ihrer eigenen Realität. Wenn Erinnerungen verschwimmen, sie ihre Umwelt nicht verstehen oder sich in einer anderen Zeit wähnen, kann Validation helfen, mit erkrankten Menschen in Kontakt zu bleiben.
Was ist Validation?
Die Methode der Validation wurde in den 1960er Jahren von der Gerontologin Naomi Feil entwickelt. Ihr Ansatz: die Wahrnehmung der erkrankten Person anzunehmen, statt auf Fakten zu bestehen.
Beispiel: Eine Frau mit Demenz sagt: „Ich muss nach Hause, mein Mann wartet auf mich.“
- Nicht hilfreich: „Aber dein Mann ist doch schon lange verstorben.“
- Besser: „Du denkst an deinen Mann. Was hat er immer gesagt, wenn du nach Hause gekommen bist?“
Diese Antwort beruhigt, weil sie das Gefühl hinter der Aussage - zum Beispiel den Wunsch nach Geborgenheit - aufgreift und im Idealfall auch ein Gespräch beginnt.
Widerspruch bringt (meistens) nichts
Validation bedeutet, den Menschen dort abzuholen, wo er sich in seiner Wahrnehmung befindet – nicht mit Fakten, sondern mit Verständnis. Ein Widerspruch kann Ängste auslösen, während eine einfühlsame Reaktion Sicherheit gibt und Vertrauen vermittelt.

7 Tipps für bessere Gespräche mit Demenzkranken
Tipp 1: Auf Augenhöhe sprechen
Menschen mit Alzheimer nehmen oft nicht mehr jedes Wort genau wahr – aber sie spüren, wie etwas gesagt wird. Ein ruhiger Tonfall, Blickkontakt und eine offene Haltung können Vertrauen und Sicherheit vermitteln.
Wichtig ist, die erkrankte Person als gleichwertige Gesprächspartnerin oder gleichwertigen Gesprächspartner wahrzunehmen. Dazu gehört, sie beim Sprechen anzuschauen, nicht zu unterbrechen und ihre Sätze nicht zu beenden. Auch wenn das Gespräch ins Stocken gerät oder nur eine kurze Antwort kommt, zählt die Aufmerksamkeit, die ihr oder ihm entgegengebracht wird.
Tipp 2: Einfache Sätze verwenden
Menschen mit Alzheimer haben zunehmend Schwierigkeiten, längeren Sätzen zu folgen. Kurze, klare Aussagen mit nur einer Information, wie „Wir essen jetzt zu Mittag.“ sind leichter verständlich.
Auch Fragen sollten möglichst unkompliziert sein. Ja-/Nein-Fragen oder Auswahlmöglichkeiten sind oft besser als offene Fragen. Statt „Was möchtest du trinken?“ kann „Möchtest du Orangensaft oder Apfelsaft?“ eine Antwort erleichtern. Zudem wird das gute Gefühl gestärkt, eine eigene Entscheidung getroffen zu haben.
Tipp 3: Die Wirklichkeit der erkrankten Person akzeptieren
Durch die Verschlechterung des Kurzzeitgedächtnisses und den schleichenden Verlust der zeitlichen Orientierung leben Menschen mit Alzheimer zunehmend in ihrer eigenen Welt, insbesondere in ihrer eigenen Vergangenheit. Sie verwechseln Zeit und Ort oder behaupten Dinge, die nicht stimmen.
Gehen Sie in solchen Situationen möglichst einfühlsam und geduldig mit den Äußerungen um. Vermeiden Sie Verbesserungen oder Zurechtweisungen, da diese die erkrankte Person verunsichern oder verärgern können.
Tipp 4: Einen Bezug zur Umgebung herstellen
Wenn Sie mit einem erkrankten Menschen sprechen, beziehen Sie sich am besten auf Personen, Dinge und Geräusche in der Umgebung. Ein Satz wie „Wir essen jetzt zu Mittag“ wird besser verstanden, wenn man das Essen schon riechen oder auf dem Tisch stehen sehen kann.
Bei Menschen mit nachlassendem Gedächtnis ist auch das „Heute“ ein guter Bezug, zum Beispiel indem man darüber spricht, was man heute macht oder was es heute zum Abendessen gibt.
Tipp 5: Geduld haben und Zeit geben
Sprechen Sie langsam und deutlich und wiederholen Sie wichtige Informationen bei Bedarf auch mehrmals. Verwenden Sie dabei immer den gleichen Wortlaut, damit das Gesagte besser verstanden wird und sich möglichst einprägt.
Achten Sie darauf, dass Sie zwischendurch Pausen einlegen, um Ihrem Gegenüber die Möglichkeit zu geben, zu antworten. Lassen Sie der erkrankten Person Zeit, das zu sagen, was ihr auf dem Herzen liegt – auch wenn es länger dauert.
Tipp 6: Nicht nur mit Worten kommunizieren
Verwenden Sie eine klare Körpersprache und eine prägnante Mimik und Gestik, um das Gesagte zu unterstützen und das Verständnis zu erleichtern. Zum Beispiel kann die Frage „Möchtest du einen Kaffee“ mit einer einfachen Trinkgeste unterstützt werden.
Wichtig ist auch der Blickkontakt. Er gibt Halt und Sicherheit und ist vor allem im späten Krankheitsstadium neben der Berührung oft der einzige Weg, miteinander in Beziehung zu treten.
Tipp 7: Immer in Verbindung bleiben
Auch wenn die Sprache verloren geht, ist es wichtig, in Verbindung zu bleiben. Schauen Sie sich gemeinsam alte Fotos an, hören Sie die Lieblingsmusik der erkrankten Person oder sitzen Sie bei gutem Wetter einfach zusammen draußen.
Selbst zum Ende der Erkrankung, wenn Menschen kaum noch reagieren, nehmen sie auf emotionaler Ebene dennoch wahr, dass jemand da ist, sie umarmt, berührt, mit ihnen spricht. So können bis zum letzten Stadium der Demenz noch schöne Momente der Nähe entstehen.

Lesen Sie dazu auch unseren Ratgeber
Der Ratgeber Leben mit der Diagnose Alzheimer erläutert, was auf Menschen mit Alzheimer und ihre Familien und Freunde zukommen kann. Beleuchtet werden neben medizinischen und therapeutischen Aspekten auch pflegerische, rechtliche und finanzielle Fragestellungen.
72 Seiten, 2025

Autorin
Astrid Marxen
ist Diplom-Soziologin und hat schon während ihres Studiums für verschiedene Zeitungen geschrieben. Seit 2015 macht sie Öffentlichkeitsarbeit für die AFI und ist seit 2020 auch AFI-Pressesprecherin.